In 80 Marathons um die Welt: Das erste Jahr

„Glückwunsch zum Jahrestag mit WordPress.com!“ – Vor zwei Tagen ploppte diese Meldung in meiner WordPress-App auf und erinnerte mich an einen Jahrestag, den ich durchaus bewusst auf mich zukommen sah. Ein Jahr lang lasse ich mich nun von diesem Blog bei dem sportlichen Unterfangen, 80 Marathons (weltweit) zu laufen, begleiten und habe in diesem neuen sportlichen Lebensabschnitt viele Lektionen lernen dürfen und müssen, die ich nicht zwangsläufig kommen sah. Ich möchte diese Stelle nutzen, um zumindest ein paar anzusprechen.

Lektion #1: Man kann 12 Marathons in 12 Monaten laufen

Wie viele Marathons kann man pro Jahr laufen? Das ist eine Frage, die ich mir selbst insbesondere am Anfang selber stellte. Ich kann mich noch erinnern, wie ich vor fast genau einem Jahr bei meinen Nüchternläufen überschlug, wie lange man für 80 Marathons in verschiedenen Szenarien benötigen würde. Was körperlich möglich wäre. Ich hatte keine Vorstellung, zumal das Laufen mir nicht neu, aber sicherlich nicht meine Kernkompetenz war und ist.

Auch das Internet war in diesem Zusammenhang erstaunlich wenig hilfreich. Ich schrieb bereits mehrfach, dass für viele Menschen der erste Marathon gewissermaßen ein Mysterium ist, dessen Erreichen auch ein Erforschen der eigenen Fähigkeiten darstellt, und es fraglos eine Szene an Läufern gibt, die ein (für mich immer noch) erstaunliches Pensum vorzuweisen haben. Wirklich ausführliche Gedanken dazu, wie schnell man eine gewisse Zahl an Marathon laufen könnte, fand ich allerdings nicht.

Der 100 Marathon Club in Deutschland führt zumindest Statistik über die gefinishten Marathons seiner Mitglieder, deren Zahl sich inzwischen auf über 500 gesteigert hat und Mitglieder mit teilweise 800 Marathons vorzuweisen hat. Da wirken die von mir angestrebten 80 Marathon fast schon wie der berühmte Tropfen auf dem heißen Stein. Aber auch der bereits von mir angesprochene Franz Schwegler von Planet-Marathon.de, der bald seinen 80. Länderpunkt bei über 300 Marathons sammeln wird, ist für mich ein Phänomen.

Franz selbst lief 2017 und 2018 gemäß eigener Liste jeweils 17 Marathons. Ganz so viele sind es bei mir innerhalb von 12 Monaten nicht geworden, aber ich kann zumindest von mir behaupten, innerhalb eines Jahres zwölf Marathons unter vier Stunden gelaufen zu sein. Ich weiß nicht, ob ich mir das vor gut einem Jahr selbst zugetraut hätte.

Lektion #2: Ich bin keine Maschine

Ein großer Punkt, der in mir insbesondere zu Beginn der Reise großen Respekt aufkommen ließ, war die körperliche Beanspruchung dieses Vorhabens. Ich bin mir der Belastungen, die das Laufen eines Marathons für den Körper bedeutet, durchaus bewusst und vor allem in kurzen Gesprächen zu diesem Projekt kam das Thema fast immer auf den imaginären Tisch. Ich selbst bin keine Maschine. Ich bin ja nicht einmal sonderlich talentiert. Und so war ich mir von Anfang an bewusst, über kurz oder lang Probleme kennenzulernen, die ich mir zu Beginn nicht einmal hätte ausdenken können.

Der Eisenmangel aufgrund des Laufens war so eine Erfahrung, die insofern interessant war, dass vor allem im Bodybuilding- und Fitnesssport die Angst vor einem Mikronährstoffmangel bei vielen Hobbysportlern präsent ist und sicherlich einen bedeutenden Anteil zum Umsatz von Nahrungsergänzungsmittelherstellern leistet. Tatsächlich dann einmal von einem Mangel betroffen zu sein, war dann doch etwas ganz anderes, als einen vermeintlichen Mehrbedarf zu vermuten.

Auch der spontane Verzicht auf die Teilnahme am Jerusalem Marathon war ein Moment, den ich im Vorfeld nicht vorhergesehen hätte. Ein Reise-Burnout hatte ich in dieser Form seitdem nicht mehr eingestellt, obwohl beispielsweise Teilnahme am Gold Coast Marathon die bisher mit Abstand härteste war. Das erste Jahr war von Siegen und (gefühlten) Niederlagen geprägt, die sich beim Hannover Marathon sogar in einem Rennen vereinten.

In jedem Fall hat mich dieses Jahr über eine bisherige Grenze – körperlich wie mental – gebracht, was jedoch nicht bedeutet, dass es für mich keine geben würde. Ich weiß, dass ich keine Maschine bin und ein wenig ist es wie mit dem Damoklesschwert: Es baumelt drohend über dem eigenen Haupt und ehrlich gesagt, lege ich keinen großen Wert darauf, dass es auf mich herabstürzt. Man kann definitiv auch als „Nicht-Läufer“ zwölf Marathons innerhalb eines Jahres unter vier Stunden laufen. Ich weiß jedoch, dass zumindest ich die Frequenz im zweiten Jahr herunterfahren werde.

Lektion #3: Zu Hause ist es (nicht immer) am schönsten

Der Kassel Marathon 2018 war mein erster Lauf außerhalb der bekannten Gefilde. Dreimal ging ich bis dahin in der Wahlheimat Hannover über die 42,195 km an den Start und hatte somit eine naturgemäß recht beschränkte Sicht auf das Ereignis Marathon. Mir war durchaus bewusst, dass beispielsweise Streckenverläufe, Abläufe und Publikum variieren. Es dann selbst zu erleben, ist jedoch wie so häufig immer nochmal etwas anderes.

Lange war der Hannover Marathon für mich dabei das schönste Erlebnis geblieben und insbesondere dem New York Marathon habe ich rückblickend vielleicht etwas Unrecht getan bzw. ging mit der gehypten Veranstaltung zu hart ins Gericht. Der Lauf war in jedem Fall ein Erlebnis, wenn auch nicht mein Highlight. Bis vor wenigen Wochen hätte ich mich durchaus schwer damit getan, eine (bisherige) klare Nummer 1 zu benennen, doch aufmerksame Leser werden es wissen: der San Francisco Marathon war für mich das bisherige Highlight.

Weitere schöne Erfahrungen waren der Pisa Marathon oder auch der Viva West Marathon. Der mit Abstand letzte Platz ist dagegen deutlich klarer: Auch wenn es eine der schnellsten Strecken der Welt sein mag. Der Dubai Marathon war eine Erfahrung, würde von mir jedoch keine Empfehlung bekommen, wenn man nur für die Marathondistanz in ein anderes Land reisen wollen würde.

Lektion #4: 36 + 6 ist nicht 42

Was ich damit meine? Die letzten 6 km eines Rennens. Diese wurden während der bisherigen Reise in 80 Marathons um die Welt niemals leicht und meist waren sie der Gradmesser dafür, welches Resümee ich nach dem Rennen ziehen würde. Es wird wenig verwunderlich sein, dass ein Marathonlauf hinten raus nicht einfacher wird, jedoch blieben diese letzten 6 km immer eine große Unbekannte in der Rechnung.

Den Respekt davor werde ich also auch in den nächsten Jahren vermutlich nicht ablegen, aber vielleicht schaffe ich es meine Rennstrategie in Zukunft (weiter) zu optimieren. Ich hatte in den vergangenen Monaten verschiedene Wege ausprobiert und würde nicht behaupten wollen, die endgültig optimale Herangehensweise für mich gefunden zu haben. Vielleicht gelingt es mir ja in Zukunft aus 36 + 6 regelmäßig 42 zu machen.

Lektion #5: Marathonlaufen ist einsam

Laufen ist in Deutschland fraglos ein Volkssport. Bereits 2007 titelte der Focus sogar „Volkssport Marathon“ und wies darauf hin, dass der Laufkalender innerhalb unserer Grenzen schon damals unzählige Rennen auflisten würde. Gut ein Dutzend Jahre später wird diese Entwicklung weiter vorangeschritten sein und es gibt eine Vielzahl an Laufveranstaltungen, die tausende Teilnehmer vorzuweisen haben, auch wenn stets die geringste Anzahl an Läufern über die volle Distanz geht oder besser läuft.

Im meist dicht gedrängten Start erlebt man eine Mischung aus Anspannung, Vorfreude und aus der Erfahrung heraus geborener Gelassenheit, während nach der Zielgrade fast alle Teilnehmer die Freude über den errungenen Erfolg vereint. Dennoch ist das Marathonlaufen eher einsam. Gemeinsames Bewältigen der Strecke, wenn man nicht gerade einen Ballon mit einer gewissen Zeit hinter sich herzieht, ist mehr die Ausnahme als die Regel.

Ich selbst genieße diese Zeit durchaus und selbst das Training am frühen Morgen hat bei den langen Läufen oftmals etwas von Meditation. Dennoch hätte ich vermutet, dass es mehr Interesse an dieser Reise in 80 Marathons um die Welt gibt, als ich es die letzten Monate wahrgenommen hatte. Das bitte ich keinesfalls misszuverstehen. Dieser Blog ist weder das Produkt von Eitelkeit, noch wüsste ich treue Leser nicht zu schätzen. Dennoch ist das wöchentliche Verfassen und Niederschreiben von Gedanken, die dann in die Anonymität des Internets getragen werden, nicht nur ein Zeitaufwand, sondern auch eine virtuelle Preisgabe von Gedanken, Herausforderungen und eben auch Probleme und Niederlagen. Inwieweit ich damit im zweiten Jahr umgehe und inwiefern ich insbesondere zwischen den Berichten um die eigentlichen Stars dieses Blogs verfahren werde, muss ich mir die nächsten Tage selbst noch einmal Gedanken machen.

An dieser Stelle aber in jedem Fall ein Dankeschön an jeden, der die bisherige Reise mit Interesse verfolgt hat. In einigen Wochen wird es alle Beiträge noch einmal als Buch zusammengefasst geben. Ich ließ noch einmal alles professionell Korrekturlesen, wobei die gesammelten Einträge dennoch so günstig wie möglich zu erwerben sein sollen. Mir geht es auch darum, für mich eine Erinnerung zu haben, denn dies sammelte ich in diesem ersten Jahr ebenso: Eine Vielzahl an Eindrücken und Erinnerungen, die ich zuvor nicht erwartet hätte.

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In 80 Marathons um die Welt: Die 12 Medaillen des ersten Jahres.

Frank

3 Kommentar zu “In 80 Marathons um die Welt: Das erste Jahr

  1. Ich bin kein Läufer, schon gar kein Marathonläufer. Trotzdem verfolge ich deine Reise mit großem Interesse. Vor allem da ich das Konzept des Hybridathleten sehr interessant finde. Bitte weiterberichten.

  2. Hey Frank,

    ich habe hier bisher nie kommentiert, weil ich, ehrlich gesagt, nie einen Grund dafür gesehen habe. Als Kraftsportler der auch sehr viel Spaß an Ausdauersport usw. hat finde ich deinen Blog aber extrem spannend und zu lesen und ich schaue immer rein, sobald du auf Insta postet, dass es etwas neues gibt. Ich würde mich freuen, wenn es hier in gleicher Form weiter geht.

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