Kann durchs Laufen ein Eisenmangel auftreten? Und muss Eisen entsprechend als Supplement zugeführt werden? Nahrungsergänzungsmittel können ein höchst diffuses und teilweise emotionales Thema sein. Insbesondere im Bodybuilding und Kraftsport, in dem meine sportlichen Wurzeln liegen, gehören Supplemente nicht nur zu Tagesordnung, sondern besitzen fast schon einen identitätsbildenden Charakter. Der Protein-Shake nach dem Training, der optimale Pump-Booster vor der Einheit oder auch der Eiweißriegel anstatt der Süßigkeit. Vermutlich geben in keiner anderen Sportart Hobbyathleten so viel Geld für konzentrierte Lebensmittel aus, die dem Ausgleich eines Mehrbedarfs dienen – ohne einen solchen Mehrbedarf oftmals zu haben.
Entsprechend hitzig und akribisch zugleich werden Diskussionen über Sinn und Unsinn von Nahrungsergänzungsmitteln häufig geführt. Es werden Studien herausgekramt, subjektive Erfahrungsberichte verfasst und mit mindestens einem Auge immer Ausschau nach dem neusten Wundermittel gehalten. Mehr Leistung, mehr Kraft, mehr Muskeln, weniger Fett… und all das möglichst noch ohne Anstrengung oder zumindest einfacher als bisher. Doch auch im Ausdauersport spielen Nahrungsergänzungsmittel fraglos eine Rolle. Das wusste ich bereits, bevor ich die Reise in 80 Marathons um die Welt begann.
Während man im Bodybuilding aber wohl keinen Wettkampfathleten finden wird, der kein Proteinpulver nutzt oder auf die Idee käme, von Supplementen abzuraten, wird diese Position unter Leistungssportlern anderer Sportarten bis in den olympischen Bereich zum Teil immer noch vertreten. Auf der anderen Seite werden Ernährungsbücher, die sich an (Ausdauer-)Sportler richten, nicht müde, nicht nur die grundlegenden Abläufe bezüglich des Energieverbrauchs und entsprechenden Bedarf an Makronährstoffen zu erläutern, sondern auch auf den potentiellen Mehrbedarf an einigen Mikronährstoffen hinzuweisen. In praktisch jedem Buch wird man Zink, Magnesium und Eisen aufgeführt finden, bei denen bei entsprechender Mehrbelastung ein potentieller Mangel droht.
Wie ermittelt sich der Mikronährstoffbedarf?
Für die meisten Mikronährstoffe gibt es konkrete Empfehlungen, wie hoch die Tagesdosis sein sollte. Diese können sich in einzelnen Ländern durchaus unterscheiden, aber auch über die Zeit verändern. Für Vitamin D lag die Empfehlung in Deutschland beispielsweise bis 2012 bei 5 µg, bis diese auf inzwischen 20 vervierfacht wurde. Bei Folsäure werden in Deutschland 300 µg empfohlen, wohingegen in den USA 400 µg zugeführt werden sollten und bei Eisen liegt Deutschland mit 10 (Männer) bzw. 15 (Frauen) mg wiederum bei einem höheren Wert als die USA mit 8 mg.
Wer sich für mehr Werte interessiert, kann auf der Seite der DGE die Übersicht für Deutschland finden sowie hier den Vergleich zwischen EU und USA nachlesen.
Doch wie ermittelt sich diese Empfehlung? Mikronährstoffe sind für den menschlichen Körper essentiell. Das bedeutet, übermäßiger Verzehr kann nicht nur zu ungewollten Nebenwirkungen führen, sondern auch ein Mangel bzw. eine unzureichende Zufuhr Schäden nach sich ziehen. Das National Research Council der USA schlug hierzu bereits 1983 erstmals ein Modell vor, dass das mögliche Risiko auf mathematischen Grundlagen bewerten solle.
Das Modell funktioniert so, dass zunächst ein als sicher geltender Wert festgesetzt wird, bei dem beim Großteil der Menschheit keine Mangelerscheinungen auftreten würden. Dieser Wert liegt meist bereits über dem durchschnittlichen Bedarf, und erhält somit einen Sicherheitsaufschlag. Auf der anderen Seite der Skala werden nun Werte ermittelt, bis zu denen keine Nebenwirkungen beobachtet wurden (NOAEL) bzw. die die geringste Dosis darstellten, mit der es zu Nebenwirkungen kam (LOAEL). Dazwischen befindet sich der Wert, der bei einer dauerhaften Zufuhr weiterhin noch als sicher gilt (UL), wobei dieser beispielsweise für Eisen aber auch einige Vitamine bisher in der EU nicht abgeleitet wurde.

Die Zufuhrreferenzwerte sollen 98 Prozent der gesunden Bevölkerung gerecht werden und deren Bedarf decken.
Brauchen Marathonläufer mehr Eisen?
Eisen ist ein Spurenelement. Das bedeutet, es ist in relativ geringem Anteil im Körper vorhanden und per Definition werden pro Tag weniger als 50 mg zugeführt. Bereits Hippokrates soll bei Blutarmut Eisennägel in einen Apfel gesteckt haben. Auf diese Weise bildet sich Eisenmalat, das sich im Apfel absetzt, so dass dieses mit Hilfe des Vitamin Cs im Apfel nach dem Entfernen der Nägel für eine ausreichende Eisenzufuhr sorgt. Doch während früher Küchenutensilien oftmals aus Eisen bestanden, und so einem Mangel vorbeugten, essen heutzutage immer mehr Menschen weniger rotes Fleisch und nutzen erst Recht keine Eisenpfannen in der Küche. Besteht also generell bereits ein erhöhter Bedarf?
Zunächst einmal ist Eisen an einer Reihe an Prozessen im Körper beteiligt. Gut 70 Prozent sind Bestandteil des roten Blutfarbstoffs Hämoglobin, der wiederum für den Sauerstofftransport im Blut unerlässlich ist. Aber auch die Sauerstoffspeicherung in der Muskulatur, der Transport von Elektronen oder der Bestandteil von Enzymen sind Aufgaben im Körper, bei denen Eisen benötigt wird.
Gemäß Matthias Bastigkeit* beträgt der Bestand im menschlichen Körper zwischen 800 und 1.200 mg, wobei nur 10 bis 15 Prozent der täglich zugeführten Menge auch tatsächlich im Körper ankommen. Dies hängt zum einen mit der generellen Aufnahmefähigkeit des Spurenelements zusammen, aber auch mit körperlichen Regulationen. Der Dünndarm gesunder Menschen lässt nur so viel Eisen in den Körper, wie dort benötigt wird, wobei die Speicherung vornehmlich in Leber, Milz und Knochenmark als Ferritin erfolgt, was viele Sportler vermutlich von Blutuntersuchungen als zu bestimmenden Marker kennen werden.
Neben dem eigentlichen Verbrauch wird Eisen insbesondere über Schweiß ausgeschieden. Ein Liter der salzigen Flüssigkeit enthalten 0,2 bis 0,5 mg Eisen. Je nach Anstrengung, Temperatur und Körpergewicht geht man von bis zu zwei Litern Schweißverlust pro Stunde bei sportlicher Aktivität aus, so dass bei einem regulären Marathon gut drei bis vier Liter im Extremfall aber auch 8 Liter zusammenkommen. Rein rechnerisch entspräche dies 0,6 bis 2 mg, bzw. maximal 4 mg Eisenverlust durch den Marathonlauf. Dies sollte ein Wert sein, der ohne Frage über die Ernährung ausgeglichen werden kann, so dass eine Eisenzufuhr während des Wettkampfs auch nicht zur Diskussion steht.
Doch bekanntlich stellt der Marathon nicht eine für sich alleinstehende Belastung dar, sondern ist das Ergebnis einer zielgerichteten Vorbereitung, die mit entsprechendem Trainingsaufwand und Schweißverlust verbunden ist. Entsprechend führt dies zu der bereits angesprochenen häufigen Empfehlung einer Eisenzufuhr für Sportler. Insbesondere Ausdauersportler gelten in diesem Zusammenhang als Risikogruppe, so dass eine Überprüfung mittels Bluttest sinnvoll ist.

Meine Eisenmangel-Geschichte durchs Laufen
Ich selbst versuche mein Training möglichst umsichtig zu planen. Auch wenn mein wöchentliches Laufpensum in der Regel gerade einmal zwischen 40 und 46 Kilometern liegt, treibe ich in der Woche 8 bis 10 Stunden intensiven Sport und kombiniere dabei in erster Linie schweres Krafttraining und das Marathonlaufen. Ich bin Hybridathlet und auch wenn ich das regelmäßige Marathonlaufen erst vor wenigen Monaten für mich entdeckte, betreibe ich nun seit inzwischen fast 10 Jahren ein Hybridtraining, wie mir erst vor kurzem bewusst geworden ist.
In den Jahren sammelte ich nicht nur verschiedenste sportliche Erfahrungen, sondern versuche meine Herangehensweise auch kontinuierlich zu optimieren. Nicht alle Maßnahmen, die ich in inzwischen 20 Trainingsjahren ausprobierte und teilweise auch länger anwandte, würde ich heutzutage noch als sinnvoll bezeichnen, aber ich würde auch nicht behaupten weiterhin nichts dazulernen zu können.
Bei der Umsetzung dieser sportlichen Optimierung ist das Messen und Überwachen ein unerlässlicher Punkt. Sei es das Wiegen des Körpergewichts, das Tragen eines Fitnesstrackers oder aber auch die bedarfsorientierte Überprüfung bestimmter körperlicher Marker, die nicht ganz so offensichtlich beobachtbar sind. Entsprechend gehört die Blutuntersuchung zwar nicht zu den Maßnahmen, die ich in regelmäßigen Abständen umsetzen würde, aber immer mal wieder von mir in Angriff genommen wird.
Meine letzte Blutuntersuchung war gleichermaßen meine erste als Läufer. Vor inzwischen gut 3,5 Monaten ließ ich eine Reihe an Werten bestimmen und unter anderem meinen Eisenwert überprüfen. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt innerhalb von drei Monaten den Kassel, den Graz, sowie den New York Marathon bewältigt und war entsprechend innerhalb von 12 Wochen so viele Kilometer gelaufen, wie nie zuvor.
Bereits damals hatte ich einen Eisenwert, der unterhalb der empfohlenen Konzentration lag. Da ich aber keinerlei Probleme wahrnahm, supplementierte ich zunächst 50 mg Eisen, ließ davon aber auch wieder ab, nachdem die Packung geleert war. Es folgten der Pisa sowie der Dubai Marathon und abgesehen von einer kleinen Krankheitsphase vor letztgenanntem Lauf, die wohl nie ganz verhindert werden kann, nahm ich keinerlei Probleme war. Bis ich Wadenprobleme bekam.
Schob ich das Ganze vor dem Neu-Delhi Marathon zunächst noch auf schlechtes Schuhwerk im Alltag und unzureichende Massage der Waden, begannen die Probleme eigentlich schon einige Zeit vor dem Wettkampf. Bereits zehn Tage vor dem Lauf lief ich meine schlechteste 10-Kilometer-Zeit seit 1,5 Jahren und war fast fünf Minuten langsamer als an durchschnittlichen Trainingstagen.
Schwere Beine aufgrund von Eisenmangel
Nach dem Marathon in Indien nahmen die Probleme trotz inzwischen täglichen Massagen weiter zu. Mein nächster 10er fand gar nicht erst statt. Die Beine waren wie Blei und ich war nicht in der Lage auch nur annähernd so etwas wie eine sinnvolle Pace aufzubauen. Frustriert brach ich ab, um nur wenige Tage später den eigentlich geplanten Nüchternlauf ebenfalls nach nur 25 Kilometern abbrechen zu müssen.
Während ich beim Krafttraining keinerlei Probleme merkte, fehlte mir auch bei anderen Aktivitäten wie Rudern oder Freeletics-Workouts die Spritzigkeit. Wäre dies nicht bereits genug gewesen, zwickten meine Waden nun auch im Alltag, wenn diese nicht bewegt wurden. Den Moment, als ich auf der Autobahn fuhr und das Gefühl hatte, mir würde ein Messer in die Wade gestochen werden, werde ich so schnell nicht vergessen.
Ich begann mich querzulesen und rückblickend meine Trainingsaufzeichnungen zu überprüfen. Trotz unverändertem Schlafverhalten notierte ich häufiger, müde zu sein, und mein Durchschnittspuls stieg bereits vor dem Neu-Delhi Marathon bei Ausdauereinheiten bei vergleichbaren Leistungen mehr an als noch im Jahr 2018. Ich hatte einen Eisenmangel mitsamt sekundärem Restless Legs Syndrom.
Zumindest war dies meine Vermutung, da ich seit Dezember keine neuen Blutwerte genommen hatte. Andererseits aß ich nur wenig rotes Fleisch, trieb weiterhin viel Sport und supplementierte Eisen nach der kurzen Zwischenphase nicht länger, wie ich bereits schrieb. Also holte ich mir entsprechend ein Eisenpräparat, das mit Vitamin C für die verbesserte Aufnahme kombiniert war, und dosierte zunächst erneut 50 mg zu Beginn. Parallel versuchte ich weiterhin Erfahrungsberichte zu einem Eisenmangel bei Marathonläufern zu finden, wobei ich hierzu zumindest im deutschsprachigen Raum nur wenig zu lesen fand. Überhaupt gab es kaum Aussagen darüber, wie lange andere Menschen Eisen supplementieren mussten, bis eine Verbesserung eintrat.

Supplementierung mit Eisen
Bereits nach wenigen Tagen erhöhte ich die Dosierung auf 100 + 50 mg pro Tag und konnte bereits nach drei Tagen spürbare Verbesserungen wahrnehmen. Die Waden fühlten sich langsam besser an, was mir auch plausibel erschien, da rote Blutzellen ständig erneuert werden und pro Tag mehrere Milliarden Zellen pro Tag entstehen. Nach gut zehn Tagen konnte ich die 10 Kilometer zumindest wieder laufen. Eine Woche später erreichte ich wieder für mich übliche Trainingszeiten, wobei ich mich zunächst noch am oberen Ende einer schlechten Einheit befand, doch bereits in dieser Woche gelang mir bei den 10 Kilometern eine Zeit, die in den letzten sechs Monaten nur einmal unterboten wurde.
Und während der lange Nüchternlauf in der letzten Woche zwar planmäßig verlief, aber noch spürbar anstrengend war, verlief der letzte lange Lauf vor dem Hannover Marathon 2019 wie geplant und deutlich spritziger, soweit man dies bei 36 Kilometern sagen kann. Darüber hinaus ist der durchschnittliche Belastungspuls trotz schnellerer Pace um über 10 Schläge niedriger als zuletzt vor der Eisensupplementation bei vergleichbaren Einheiten. Gut drei Wochen nach Beginn der Supplementierung kann ich also behaupten, alle Symptome und Probleme bewältigt zu haben, die ich offenbar durch den Eisenmangel erlitt.
Nachdem ich zwei Wochen lang die dargestellte erhöhte Dosierung nutzte, senkte ich diese mit Beginn dieser Woche auf 100 mg pro Tag. Dies will ich noch für mindestens eine Woche beibehalten, bevor ich die Eisenzufuhr auf 50 mg senke und zeitnah eine neue Blutuntersuchung machen werde. Die dargestellten Dosierungen sollen keinesfalls als pauschale Empfehlungen missverstanden werden, sondern nur meine Erfahrungen darstellen. Ich selbst bin froh, die Ursache meines Problems gefunden und gelöst zu haben und (wieder) so fit zu sein, wie ich es bisher im Jahr 2019 noch nicht war.
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Ergänzung, da ich es einige Male als Reaktion auf diesen Beitrag gefragt wurde: Ich nutzte dieses Eisenbisclycinat*.
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Im Moment bereite ich mich ebenfalls auf einen Marathon vor und kämpfe teilweise mit denselben Problemen. Von daher ein sehr guter Artikel über eine interessante Problematik. Schön, dass du die Lösung für deine Probleme gefunden hast!
Hallo Dr. Frank,
sehr interessanter und informativer Artikel mit Gedankengängen, die mich anregten – vielen Dank für das Teilen.
Gehöre weniger auf Grund meines Geschlechts (M) aber viel mehr auf Grund meines enormen Kaffeekonsums (~1-2L Schwarz / Tag) wohl auch zur Risikogruppe in Bezug auf Eisenmangel – supplementiere mit 14mg Eisen..
Habe vergangenes Wochenende einen Halbmarathon gefinished. Jetzt stände auch eine örtliche DRK-Blutspende an. Nach langem Für-und-Wieder habe ich mich entschlossen den Blutspendetermin nicht wahrzunehmen, da nächsten Monat wieder ein Halbmarathon ansteht und im Juni eine längere Radausfahrt.
Habe lange Zeit mit mir gehadert vielleicht doch Blut zu spenden, da auf lange Sicht die Blutspende wie ein Höhentraining wirken soll, da es zur Neubildung von roten Blutkörperchen anregt.
Daher meine Frage an dich: würdest du dem Vergleich mit dem Höhentraining zustimmen, und auf welche Dauer wäre dieser Anpassprozess seitens des Körpers vollzogen? Vor dem Hintergrund einer Halbmarathonvorbereitung und ein wenig Diskopumpen sah ich meinen Kadaver nicht in der Lage dies in unter einem Monat zu bewerkstelligen.
Freue mich auf deine Anregungen. Sportliche Grüße an mein Vorbild nach Hannover.
PS: Falls Eindrücle von anderern Personen zum Hannovermarathon dich interesseieren: der bevegt.de Podast hat eine Folge zu diesem online.
Gruß Daniel (fossi667)