Der Nüchternlauf in der Praxis

Nachdem ich im ersten Teil zum Nüchternlauf auf die Energieversorgung des Körpers eingegangen bin und im zweiten Teil die Dauer und Intensität des Nüchternlaufs thematisierte, soll es im abschließenden Teil um die Umsetzung in der Praxis gehen. Was ich an dieser Stelle vorstelle, ist meine Herangehensweise, die sich für mich über die letzten Jahre bewährt hat. Ich bin Hybridathlet, kein reiner Läufer, so dass ich dieses Vorgehen nicht als optimale Strategie für jedermann propagieren will. Es ist schlichtweg meine Art, wie ich den Nüchternlauf (erfolgreich) umsetze.

Wie nüchtern sollte der Nüchternlauf sein?

Der Nüchternlauf wird ohne Frühstück absolviert. Dieser Punkt sollte klar sein. Als Hybridathlet, der im Bodybuilding und Kraftsport sozialisiert wurde, sind Nahrungsergänzungsmittel rund um das Training ein fester Bestandteil meines sportlichen Lebens. Diese sollen den ein oder anderen kleinen Vorteil bringen. Da der Körper mehr als ausreichend Fettsäuren zur Verfügung hat und Kohlenhydrate im Zusammenhang mit dem Nüchternlauf bewusst morgens nicht gegessen werden, bleiben nur noch Aminosäuren, Mikronährstoffe und Stimulanzien.

Stimulanzien sollen den Fokus oder die Energiebereitstellung verbessern. Im Bodybuilding werden entsprechende Produkte in der Regel als Booster bezeichnet. Ein bedeutender Wirkstoff in Boostern ist Koffein. Koffein fördert über einige Umwege die Produktion von Lipasen. Dies sind Enzyme, die für die Freisetzung von Fettsäuren aus den Körperspeichern notwendig sind. Als Dosierung haben sich in Untersuchungen 400 Milligramm als effizient herausgestellt. Vor dem Nüchternlauf sind damit 2 x 200 Milligramm (eine Portion 30 Minuten vor dem Start und eine Portion unmittelbar zum Start) zielführend. – Das zu hohe Dosierungen ein Problem werden können, stellte ich dagegen bei meinem zweiten Marathon vor einigen Jahren fest.

Wer möchte, kann vor dem Lauf bereits 1 bis 2 Gramm Salz (als Kapsel) einnehmen. Dies führt zu einer leicht erhöhten Produktion von Magensäure, was wiederum die Pufferkapazität des Körpers kurzfristig verbessert. Der Organismus kann somit mehr Laktat verarbeiten. Während des Laufens unterstützt Natrium die Wasseraufnahme im Dünndarm und gleicht den schweißbedingten Salzverlust aus. Ich selbst nehme 1 bis 4 Gramm Salz pro Stunde während des Nüchternlaufs zu mir. Während ich in der ersten Stunde 1 bis 2 Gramm nutze, erhöhe ich die Dosierung, wenn ich bereits spürbar schwitzte, auf bis zu 4 Gramm pro Stunde. Hier sollte man sich an die Dosierung herantasten, da das Salz auf nüchternen Magen unangenehm sein kann. Bei 30 Kilometern gibt es darüber hinaus etwas Kalium.

Aminosäuren vor dem Nüchternlauf

Darüber hinaus trinke ich vor dem Lauf 10 Gramm EAAs, etwa 5 Gramm Citrullin und genauso viel Taurin. Während die EAAs den Aminosäurenpool des Körpers unterstützen sollen und praktisch keinen Einfluss auf die Energieversorgung haben, soll das Citrullin die Blutgefäße erweitern und damit die Nährstoffversorgung unterstützen. Taurin wiederum konnte in Untersuchungen mit Ausdauersportlern zu einer verbesserten Leistungsfähigkeit beitragen. Dieser Effekt hängt vermutlich in erster Linie mit der Regulierung der Körpertemperatur zusammen.

Die Pre-Workout-Ernährung ist auch ein kleines Ritual für mich. Es stimmt mich auf die Trainingseinheit ein. Faktoren wie Schlaf, Belastungen aus vorherigen Einheiten der Trainingswoche, Stress im Alltag und so weiter haben einen deutlich größeren Einfluss auf die Tagesform. Auf der anderen Seite führe ich auf diese Weise vor der Einheit bereits die ersten 500 ml Flüssigkeit zu mir, die den nächtlichen Verlust ausgleichen sollen.

Ernährung während des Nüchternlaufs

Während des Nüchternlaufs gibt es Wasser. Ich schwitze recht stark und verliere in einer Einheit immer mehr Flüssigkeit, als ich aufnehmen kann. Dies kann sich auch auf die Leistungsfähigkeit auswirken. Das Salz wird in Form von Kapseln eingenommen. Doch was ist mit der Nährstoffversorung? Hier sollte man sich erneut ins Gedächtnis rufen, warum man einen Nüchternlauf macht. Wer den Fettstoffwechsel trainieren will, sollte auf Makronährstoffe gänzlich verzichten. Richtig? Nicht ganz.

Nach etwa zwei Stunden gibt es ein Aminosäurengetränk, das neben allen anderen Aminosäuren etwa 10 Gramm BCAAs enthält. Man kann in etwa davon ausgehen, dass 5 Gramm hiervon durch die Leber für den eigenen Stoffwechsel genutzt werden und fünf Gramm tatsächlich im Körper ankommen. Die bereits im zweiten Teil genannte Menge, die pro Stunde verbraucht wird.

Versorgung während des Nüchternlaufs

Darüber hinaus nehme ich auf jeden Nüchternlauf Schokoriegel mit. Waren es früher Milky Ways, gibt es inzwischen einen Snickers Crisp. Diesen entdeckte ich erstmals 2019 im Rahmen des Dubai Marathons im Supermarkt. Ich lernte die Variante bereits damals lieben und freute mich umso mehr, als Snickers Crisp einige Monate später auch in Deutschland erhältlich war. Diesen gibt es nach etwa 120 bis 150 Minuten, wobei ich dies von Tagesform und Körpergefühl abhängig mache.

Während ich in meiner ersten und zweiten Marathonvorbereitung immer mal wieder in die Unterzuckerung gelaufen war, kenne ich meinen Körper inzwischen gut genug, um das Gefühl in der Regel rechtzeitig wahrzunehmen. Wer Probleme mit Unterzuckerung auf langen Nüchternläufen hat, kann das genannte Zeitfenster als pauschale Orientierung nutzen.

Schokoriegel und Nüchternlauf

Aber widerspricht dies nicht dem Prinzip des Nüchternlaufs? Nichts ganz. Die Verdauung des Snickers wird mehr als eine halbe Stunde in Anspruch nehmen. Die körperliche Belastung führt dazu, dass der Verdauungstrakt weniger durchblutet ist und damit langsamer arbeitet und selbst unter besten Bedingungen benötigt der Transport von flüssiger Nahrung über Magen, Dünndarm und Leber bis ins Blut etwa 30 Minuten. Das Aminosäurengetränk kommt also auch nicht sofort im Blut an.

Der Schokoriegel wirkt dagegen – insbesondere im Zusammenhang mit dem Salz – eher magenberuhigend, da dieser während der Einheit zum Großteil dort verbleiben wird. Gleichzeitig sorgt der Geschmack für einen gewissen Motivationsschub. Das Entscheidende aber: Das langsame Kauen oder besser gesagt, Herumlutschen auf dem zerkauten Schokoriegel führt dazu, dass über die Mundschleimhaut ein geringer Teil an Glukose direkt ins Blut geht.

Wer das Prinzip optimieren will, nutzt Traubenzuckerstückchen, und lutscht diese. Ich selbst habe mit Schokoriegeln physisch gleichen Effekte erzielt. Psychisch tragen diese aber deutlich zur Motivation auf dem letzten Drittel des Nüchternlaufs bei.

Die Menge der Glukose reicht, um den Blutzucker stabil zu halten. Die Tatsache, dass der Schokoriegel längere Zeit für die Verdauung benötigt und anders als beispielsweise ein Gel erst nach dem Training verdaut sein wird, führt dazu, dass der Fettstoffwechsel nicht gebremst wird. Ein Schokoriegel während des Nüchternlaufs mag sich zunächst widersprüchlich anhören. Doch wie ich versuchte im Rahmen der drei Teile zu verdeutlichen, sollte man sich stets über die Abläufe im Körper bewusst sein.

Muss man Nüchternläufe machen?

Zunächst einmal muss man sicherlich gar nichts. Die Frage ist aber auch immer, wieviel Zeit man für welche Maßnahmen hat. Der Nüchternlauf ist eine gute Möglichkeit, die Grundlagenausdauer und den Fettstoffwechsel zu trainieren. Die Optimierung der Mitochondrienanzahl verbessert auch die Fähigkeit, Kohlenhydrate zu verbrennen, und trägt damit ebenfalls zur Leistungssteigerung bei.

Das größte Problem ist meiner Erfahrung nach, dass die Menschen zu ungeduldig sind. Wer nicht aus dem Ausdauerbereich kommt, sondern beispielsweise im Rahmen eines Hybridtraining die Grundlagenausdauer verbessern will, sollte seinem Körper Zeit geben.

In meinem Buch Hybridathlet* gebe ich ein Beispiel für die Trainingsplanung, um sich an die Länge einer zweistündigen Nüchterneinheit zu gewöhnen. Das Konzept sieht drei Phasen vor, bei denen die erste und zweite je nach Leistungsstand übersprungen werden kann. Unterm Strich sollte man aber eben die Geduld bewahren.

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Darüber hinaus sollte man sich darüber im Klaren sein, dass ein Nüchternlauf eine gewisse Belastung für den Körper darstellt. Regenerative Maßnahmen und insbesondere die Nährstoffzufuhr nach der Einheit sind wichtige Themen, die für den mittel- und langfristigen Erfolg beachtet werden sollten. Wer dies jedoch tut, wird weder dem Mann mit dem Hammer begegnen noch Muskelmasse durch den Lauf auf leeren Magen verlieren.

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Frank

10 Kommentar zu “Der Nüchternlauf in der Praxis

  1. Das Buch kann ich auch nur empfehlen. Interessante Idee mit dem Riegel. Kannte nur BCAA Pulver für unterwegs. Ich trinke morgens auch immer einen booster 500ml und dann eine Magnesium Tablette mit 500ml. Und dann gehts los

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