Der Köln Marathon 2019 ist geschafft und verlief rückblickend besser, als erhofft. Den ursprünglichen Plan, nach dem Berlin Marathon noch ein zweites Mal die 3 h 30 min anzugreifen, hatte ich zwar bereits am Vortag aufgrund der Teilnahme an dem Bodybuildingwettkampf verworfen, letztendlich verlief das Rennen aber trotz unerwartet hohen Temperaturen für Mitte Oktober sehr gut. Doch gehen wir zunächst einen Tag zurück.
Wasser- und Elektrolytehaushalt in den Griff bekommen
Die Teilnahme an einem Bodybuildingwettkampf ist keine Sache, die man mal eben so umsetzt, wenn man diese halbwegs seriös gestalten möchte. Neben der Diät und dem Laden mit Kohlenhydraten, die soweit erst einmal kein unmittelbarer Nachteil für das Laufen eines Marathons sein müssen, ist das Ziel eines Wettkampfbodybuilders vor allem das Herauspressen von möglichst viel Wasser, das sich unter der Haut befindet. Der Körper wird gezielt dehydriert, während gleichzeitig die Muskulatur so gut wie möglich mit Kohlenhydraten gefüllt und hydriert werden soll. Ein Balanceakt, der streng genommen nur auf einen kurzen Moment abzielt und körperlich in mehrfacher Weise fordernd sein kann.
Der Wasserentzug ist auf der anderen Seite alles andere als förderlich für die Ausdauerleistung. Das Decken des Flüssigkeitsbedarfs beim Marathon ist oftmals schon während des Rennens (für schwere Läufer) eine Herausforderung. Wenn man dann noch dehydriert an den Start geht, gefährdet man nicht nur seine Leistungsfähigkeit, sondern vor allem auch die Gesundheit. Wie man hoffentlich merkt, nahm ich die gesamte Sache also sehr ernst. Wie also am besten Vorgehen?
Im Prinzip mangelte es meinem Körper an zwei Sachen: Wasser und Salz und beides musste möglichst so in den Körper, dass es nicht wieder ausgeschieden wird. Während das Thema Salz vor allem mit der Manipulation des Aldosteron-Haushalts im Zusammenhang steht, die sich nach zwei Tagen mehr oder weniger von allein reguliert hat, bzw. wieder begann zu normalisieren, war die verstärkte Flüssigkeitsausscheidung die größere Herausforderung. Die Kurzversion lautet, dass ich mich für den Konsum von Schokomilch entschloss.
Ich trank insgesamt 1,5 Liter auf mehrere Portionen verteilt, um der Aufnahmefähigkeit des Dünndarms gerecht zu werden. Gleichzeitig hat Milch den Vorteil, dass es sich dabei um ein hypertones Getränk handelt. Der Körper muss im Rahmen der Verdauung also Flüssigkeit zuführen, um die Nährstoffe aufnehmen zu können, so dass diese nicht weiter ausgeschieden wird. Aus diesem Grund wird Milch in der Literatur und auch in meinem Ernährungsbuch* als optimales Getränk NACH körperlichen Belastungen aufgeführt.
Darüber hinaus ging es für mich nach der Ankunft in Köln zu McDonalds. Man kann von Fastfood halten, was man möchte und ich esse ohne Frage nicht andauernd beim goldenen M, aber ein Milchshake und Eis waren weitere Quellen für Flüssigkeit, die nicht ausgeschieden wurde, und Burger und Pommes sind wohl die angenehmste Weise, salziges Essen nach einem Bodybuidingwettkampf zu konsumieren. Ergänzt wurde das Ganze durch gut zwei Liter Wasser, die ich bis zum Schlafengehen trank, sowie etwas Süßes und Knapperzeug, worauf ich nach den letzten Tagen der Diät Lust hatte, wobei ich mich nicht überfraß. Dennoch merkte ich natürlich, wie der Magen arbeitete, konnte aber nach den schlaflosen Nächten der vergangenen Woche wie ein Baby ruhen.
Das Frühstück am nächsten Morgen stellt dann Runde zwei der Wiederherstellung dar. Etwa drei Stunden vor dem Start des Köln Marathons begab ich mich zum reichhaltigen Buffet und konzentrierte mich erneut auf Milchprodukte und salzigen Lachs, die mit Wasser ergänzt wurden. Da ich im Gegensatz zum Vortag kaum Harndrang hatte, ging meine Strategie insoweit wohl auf. Die Belastung für den Verdauungstrakt, die auf leistungsorientierter Perspektive nicht ganz optimal war, nahm ich im Kauf. Es war letztendlich ein Abwägen zwischen zwei möglichen Optionen und mir war eine etwas suboptimaler durchblutete Muskulatur lieber, als ein dehydrierter Körper.Tausende Läufer beim Köln Marathon 2019
Der Start des Laufs lag nur wenige Meter von meinem Hotel entfernt. Der Köln Marathon bot keinen Rundkurs, sondern startete am Ottoplatz und endete in unmittelbarer Nähe des Doms, so dass das Hashtag #derdomistdasziel nicht nur auf Instagram zu finden war. Am Start selbst herrschte reges Treiben, wobei ich den Bereich um den Startblock herum nicht als überfüllt wahrgenommen hatte. Anders verhielt es sich dagegen mit den Startblöcken selbst, in die man wie schon zwei Wochen zuvor in Berlin nicht mehr hineinkam, wenn man wie ich relativ kurz vor dem Start seinen Platz einnehmen wollte.

Da die Veranstalter die Teilnehmerzahl von Anfang an auf 7.000 Teilnehmer beschränkten und somit eigentlich einen guten Überblick hätten haben sollen, verstand ich dies genauso wenig, wie das Nadelöhr in der Streckenführung, das es nach gut 500 Metern gab und zum langsamen Schritt zwang. Ähnlich wie beim Reykjavik Marathon verlor man hier nicht nur mindestens eine Minute, sondern auch seinen Tritt. In Zukunft wäre es vermutlich sinnvoller, die Startblöcke nochmals etwas mehr zu untergliedern, da ein zeitversetzter Rennstart bereits umgesetzt wurde.
Nachdem dieser Abschnitt geschafft war, der nicht nur mir negativ auffiel, wie ich ungewollt an einigen Gesprächen verfolgen konnte, begann der inzwischen gewohnte Hindernislauf. Ich muss dazu sagen, dass ich das Rennen sehr entspannt anging und am unteren Limit meines Startblocks begann zu laufen. Ich hätte im Prinzip niemanden überholen dürfen. Vor allem nicht in der Deutlichkeit, wie es dann der Fall war. Da ich das Thema nun aber schon einige Male angesprochen hatte und mich vermutlich noch einmal in einem gesonderten Beitrag damit befassen will, soll es das auch gewesen sein, denn der Köln Marathon hatte einiges zu bieten.

Die Streckenführung empfand ich als abwechslungsreich und bereits am Start führten zwei Teilnehmer neben mir ein Gespräch darüber, dass der Köln Marathon eine gute Stimmung habe. Dies kann ich bestätigen. Insbesondere auf die gesamte Strecke betrachtet, präsentierte sich die Domstadt als Stimmungshochburg, die internationales Niveau hatte. Ich würde mich sogar festlegen wollen, dass der Köln Marathon eine bessere Atmosphäre bot, als Hamburg oder Berlin in diesem Jahr, was bei den anderen beiden Veranstaltungen jedoch möglicherweise dem Wetter geschuldet war.
Während es in den beiden Stadtstaaten (mehr oder weniger dauerhaft) regnete, bot Köln mitten im Oktober zwischenzeitlich fast schon tropische 24 Grad. Der Regen, der einige Tage zuvor noch angesagt war, hatte seine Teilnahme am Marathon rechtzeitig abgesagt, so dass die Temperaturen schon am Start sehr mild waren und im Laufe des Rennens für meine Verhältnisse fast schon zu warm wurden. Selbst ohne den Wettkampf am Vortag hätte mir die Sonne zu schaffen gemacht, aber insbesondere an diesem Rennwochende merkte ich mal wieder, dass solche Temperaturen an meine Substanz gehen.

Kilometer 32 und der Wunsch zu gehen
Dennoch verlief das Rennen zunächst sehr entspannt. Ich schrieb bereits, dass ich mit großer Vorsicht an die Geschwindigkeit heranging und orientierte mich erstmals bei einem Marathon vollständig an meinem Puls. Ich wollte diesen nicht über 160 Schläge steigen lassen und schaute daher alle paar Minuten prüfend auf mein Fitbit-Armband, das bei mir praktisch dieselben Werte anzeigt, wie ein Pulsgurt von Polar, weshalb ich Letztgenannten auch nur im Training nutze und am Wettkampftag zuhause lasse. Ich richte mein Training in der Regel zwar weiterhin nicht nach dem Puls aus, nehme diesen Messwert aber ebenso wie meine Watt-Zahl seit einigen Monaten gerne mit, um einen Überblick über meine Leistungsentwicklung zu haben.
Das Rennen verlief gut und die zweiten fünf Kilometer lief ich – auch aufgrund des Nadelöhrs – schneller als die ersten fünf. Einen Anspruch hatte ich an die Zielzeit dennoch nicht. Selbst wenn es heute mehr als vier Stunden geworden wären, hätte ich unter den gegebenen Umständen gut damit leben können. Als es dann wärmer wurde, merkte ich dies auch an meiner Leistungsfähigkeit. Das Salz bildete auf meinem Gesicht eine Kruste und ich versuchte mich auf einen geschmeidigen Laufstil zu konzentrieren. Bei Kilometer 32 war es dennoch so weit: Der Wunsch, ein paar Schritte zu gehen, kam in mir auf, doch ich unterdrückte diesen zunächst.
Weitere fünf Kilometer später war es dann jedoch soweit: Die Muskulatur meiner Beine machte zu und es fühlte sich ähnlich wie beim Hannover Marathon 2019 an, als ich aufgrund der Hitze ebenfalls nicht ausreichende Flüssigkeit zugeführt hatte und sogar Probleme hatte, in die Hocke zu gehen. Dies war diesmal weiterhin möglich, allerdings wurde der Rest der Strecke nun wirklich schwer. Irgendwo vor Kilometer 40 stoppte ich erneut und massierte die Oberschenkel noch einmal, bevor der Rest des Rennens angegangen wurde.
Die Sonne brannte nun förmlich und ich merkte, wie mein Körper zunehmend Probleme bekam, abzukühlen. Also zog ich mein Shirt aus. Nicht, weil ich nach dem Bodybuildingwettkampf ein großartiges Bedürfnis gehabt hätte, mich zu präsentieren, sondern weil es für einen Läufer mit etwas mehr Muskulatur tatsächlich zur Herausforderung werden kann, nicht zu überhitzen. Ich hielt das Shirt in der Hand und führte dieses auch so gut wie möglich vor dem Körper. Dennoch fühlte sich irgendwo auf diesem Weg kurz nach einem Getränkestand ein Zuschauer zu einem zumindest recht ernst klingenden Kommentar genötigt, dass ich mich doch auch anziehen könne.
Ich weiß nicht, was in dem Kopf von dem guten Herrn vorging, aber mit etwas klarem Verstand, dem Blick auf den Streckenkilometer und den Ausdruck in meinem Gesicht, das nicht unbedingt einem Freudelächeln entsprach, hätte ihm klar sein können, dass hier niemand einen Schaulauf durchführte. In dem Augenblick empfand ich den – wohlmöglich gar nicht so böse gemeinten – Kommentar des Zuschauers jedenfalls mir gegenüber als Läufer, der sich gerade über die Distanz von 42,195 km durch Köln bewegt und nicht etwa Biertrinkend am Straßenrand seinen Sonntag verbringt, respektlos.
Etwa 500 Meter vor dem Ziel zog ich mein Shirt entsprechend auch wieder an, da ich im Zielbereich keine Aufmerksamkeit wollte, sondern das Rennen nur möglichst gesund überstehen. Während ich mein Vorhaben, den Puls stabil zu halten, bis Kilometer 40 noch gut umsetzen konnte, biss ich den letzten Abschnitt noch einmal bewusst auf die Zähne und lief nun auch über dem selbst gesetzten Limit. Am Ende standen 3 h 53:03 min für mich auf der Uhr, mit denen ich vollkommen zufrieden war.
Der Durchschnittspuls lag bei 148 Schlägen und ich befand mich nur 16 Minuten über der geplanten Herzfrequenz. Zum Vergleich dazu waren es in Reykjavik eine Zielzeit von 3 h 51:48 min und fast zwei Stunden im Höchstleistungsbereich. Köln fühlte sich also – in Anbetracht der Umstände – nicht nur entspannt an, sondern war es auch, soweit man das beim Laufen eines Marathons sagen darf.
Auf dem Holzweg? Die etwas andere Medaille
Nach Durchschreiten der Ziellinie gab es die obligatorische Medaillenübergabe. Die Veranstalter des Köln Marathon hatte sich für 2019 etwas Besonderes einfallen lassen. Ganz im Zeitgeist der aktuellen Diskussionen um Nachhaltigkeit und Umweltschutz, entschied man sich für Medaillen aus Holz. Als Argument führte man auf der offiziellen Homepage die Einsparung von über 20 Tonnen CO2 an, was auch beim Runterrechnen auf den einzelnen Teilnehmer schon eine gewisse Menge darstellt. Vereinfacht beschrieben, entspricht dies gut sieben Benziner-Tankfüllungen pro Läufer der Marathon- und Halbmarathondistanz, die an CO2-Ausstoß gespart wurden und auch in anderen Bereichen, wie beispielsweise der Becherwahl, versuchte man in Köln im Sinne der Umwelt zu agieren.

Ich muss gestehen, dass mein erster Gedanke dennoch eine gewisse Ablehnung war. Ich wollte kein Frühstücksbrettchen nach dem Lauf erhalten, sondern eine reguläre Medaille. Auf der anderen Seite bin ich ebenfalls der Meinung, dass jeder versuchen sollte, (s)einen Beitrag zu leisten. Auch wenn ich im Rahmen dieses Projekts beispielsweise in Flugzeuge steige, bemühe ich mich in anderen Bereichen durchaus um verantwortungsvolles Handeln. Als ich die Medaille in der Hand hielt, war die Skepsis nicht mehr ganz so groß, wie noch im Vorfeld, aber dennoch hätte ich mir eine Wahl gewünscht. Ich hätte auch kein Problem damit gehabt, einen Aufschlag zu zahlen, wenn die Medaillen beispielsweise in Deutschland aus recycelten Material hergestellt worden wären. Dies wäre möglicherweise ein optionale Alternative gewesen.
Ganz unabhängig davon war Köln allerdings ein tolles Erlebnis und erhält von mir eine klare Empfehlung. Insbesondere was die deutschen Marathons betrifft, steht die rheinische Laufveranstaltung gemeinsam mit Hannover ganz oben auf meiner Favoritenliste, wobei mein Überblick natürlich eingeschränkt ist. Um diesen zu erweitern, geht es in zwei Wochen bereits das nächste Mal an den Start. Während parallel zum Köln Marathon in München ebenfalls über die volle Distanz gelaufen wurde, führt eine kleine Gruppe an positiv Laufverrückten in der Nacht vom 26. auf den 27.10. den Bestzeitmarathon in München durch, bei dem ich am Start sein werde. Ich freue mich auf dieses sicherlich einmalige Erlebnis, bei dem ich ohne Frage gut hydriert an den Start gehen kann.
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Glückwunsch zu bzw. Respekt vor dem erfolgreichen Wochenende! Hut ab!!! Welche Zeit peilst du beim BZM an?
Das wird ein entspannter Trainingslauf. Brutto sollte aber die sub3 werden, ist ja der BZM 😄
Da sind wir ja fast zeitgelich eingelaufen 🙂
Ich war damit allerdings weit weniger zufrieden als du. 😉
Hab’s schon gelesen gehabt. Sowas gehört denke ich auch mal dazu, die PB holst du dir ein anderes Mal 😊👍🏼