Heute in einer Woche werde ich nicht gemütlich auf meiner Veranda sitzen und den Ausblick auf meinen Garten genießen, sondern mir in einer der größten deutschen Städte Deutschlands meinen dritten Bundesland-Punkt abholen. Der Hamburg Marathon steht vor der imaginären Tür und hat damit auch den kürzesten Abstand zu einem vorherigen Marathon, den ich bisher in meiner Reise in 80 Marathons um die Welt zur Erholung hatte.
Hamburg Marathon: Run The Blue Line
Unter dem Hashtag #runtheblueline wirbt der Hamburger Marathon, dass man mit einer Bestzeit von 2 h 05:30 min nicht nur schnell sei, sondern bereits seit 1986 jährlich mittels blauer Linie den Streckenverlauf präsentieren würde. Diese blaue Linie stellt bekanntlich in der Regel eine Orientierung dar, wo die kürzeste Strecke innerhalb der Bordsteinkanten bei Stadtmarathons verlaufen würde. Laut Frank Hofmann von runnersworld ist die Linie aber nicht genau 42,195 km lang, sondern schlägt mit 42,237 Meter genau 42 Meter oben drauf. Hintergrund ist bei internationalen Rennen, dass man vermeiden möchte eine zu kurze Strecke laufen zu lassen. Dies würde gleichzeitig bedeuten, dass die Ergebnisse nicht offiziell anerkannt werden.
So erging es beispielsweise John Kunkeler, der 1990 in Enschede die Marathondistanz unter 2 h 30 min absolvierte und es doch nicht schaffte. Am Ende fehlten einige hundert Meter und obwohl John mit 2 h 26 min noch ausreichenden Puffer gehabt hätte, gelang es ihm nie wieder unter diese Zeitgrenze zu gelangen. Heutzutage vermessen John und andere die offiziellen Strecken, damit niemandem das gleiche Schicksal droht und bei Rennen wie in New York gehen die Kontrolleure offenbar besonders auf Nummer sicher: Wer der blauen Linie beim New York Marathon folgt, läuft gute 43 Kilometer, wobei die anspruchsvolle Strecke auch so die eigenen Kräfte bereits zur Genüge fordert.

Norddeutsche Superlative?
Während der Hannover Marathon 2019 sich noch als größte norddeutsche Laufveranstaltung bezeichnete, was vor allem den Halbmarathon-Läufern zu verdanken ist, wirbt Hamburg damit, der größte Frühjahrsmarathon in Deutschland zu sein. Offenbar gehen sich nicht nur die beiden Nordlichter bei der Planung ihrer Veranstaltung aus dem Weg, sondern die große Hafenstadt auch Herausforderern aus Köln und Frankfurt, die im Herbst stattfinden. Der strahlende Star am deutschen Marathonhimmel, der Berlin Marathon als Teil der Big Six, der ebenfalls im Herbst stattfindet, mal ganz außen vor.
Während in Hannover die letzten Jahren die Finisher-Zahlen der vollen Distanz stückweise anstiegen und zuletzt zweimal die 2.000er-Marke übertrafen, kostet das dem Fischkopf vermutlich nicht mal ein müdes Lächeln. Auch wenn man den Rekord von über 17.000 Marathon-Finishern im Jahr 2005 nie wieder erreichte und 2018 die geringste Zahl an Teilnehmern verzeichnet wurde, die den Lauf beendete, stellen fast 10.000 Menschen, die 42,195 km durch Hamburg laufen, immer noch eine unfassbar große Zahl dar.
Hamburg verspricht also ein Erlebnis zu werden und was ich im Vorfeld bisher gehört habe, sollte die Stimmung an der Strecke auch alles andere als nordisch kühl sein. Inwieweit das dann tatsächlich der Wahrheit entspricht, werde ich in einer Woche selbst beurteilen können. Ich fühle mich auf jeden Fall bereit.
Lernen aus der Hannover Niederlage?
Nach dem Hannover Marathon vor zwei Wochen sprach ich von Sieg und Niederlage gleichermaßen und in gewisser Weise wurmt es mich noch immer, keinen Nutzen aus den unangenehmen Tagen im Vorfeld gezogen zu haben. Ein ähnliches Prozedere werde ich vor Hamburg nicht durchlaufen. Gleichermaßen war es diesmal erstaunlich, dass ich den Wettkampf deutlich schlechter weggesteckt hatte, als alle anderen Läufe seit dem Kassel Marathon 2018. Ich schrieb bereits über das Laufen des Marathons mit Genuss und auch wenn das Bewältigen der Marathondistanz ohne Frage eine Anstrengung ist, so ging es mir die Tage nach den Läufen zuletzt immer sehr gut. Andernfalls hätte ich mir beispielsweise auch den Hamburg Marathon nach relativer kurzer Verschnaufpause nicht zugetraut. Diesmal war es jedoch anders.
Gut zwei Tage nach dem Lauf war ich noch immer zu nicht sonderlich viel zu gebrauchen. Ich fühlte mich trotz ausreichender Nahrung immer noch wie ausgelaugt und die Oberschenkel waren fast bis ans Ende der Woche verkatert. Der eine Woche nach dem Wettkampf geplante Nüchternlauf über 36 Kilometer wurde zwar durchgeführt, allerdings war das Durchhalten an diesem Tag wohl meine größte Leistung gewesen. Die Zeit war deutlich schlechter als zuletzt und ich war froh, bis zum Hamburg Marathon noch mehr als weitere sieben Tage Abstand zu haben.
Heute, eine Woche später, sieht die Welt tatsächlich anders aus. Die Trainingswoche verlief überdurchschnittlich gut und gestern korrigierte ich meine Bestzeit beim Freeletics-Workouts Dione erneut nach unten und liege nun bei 18:35 min, was eine ganz ansprechende Leistung ist. Auch der zügige Nüchternlauf heute morgen verlief gut und im Gegensatz zu vielen Einheiten der letzten Wochen, hatte ich wieder das Gefühl richtig rund zu laufen, auch wenn die Anstrengung zu verhindern wußte, dass es sich wie ein Spaziergang anfühlt.
Die größte Lektion, die ich aber aus Hannover wie auch den vorherigen Marathons in mein elftes Rennen nehme, ist der Versuch mit einem klaren Zeit-Split zu laufen. Ich plane mir ein entsprechendes Band auszudrucken, auf dem die Zwischenzeiten für die einzelnen Kilometer aufgeführt sind, damit ich zum einen nicht vom GPS irritiert werden und zum anderen keine Rechenaufgaben lösen muss, wenn der Kopf eigentlich bereits mit anderen Dingen beschäftigt ist. Man liest es vermutlich bereits raus, ich will noch einmal versuchen die 3 h 30 min auf deutschem Boden anzugreifen.
Wenn es nicht klappt, wäre das auch kein Beinbruch. Ich „definiere“ mich nicht über meine Zielzeit und bin, wie schon häufig betont, alles andere als konsequent genug im Lauftraining, um ernsthafte Ansprüche stellen zu dürfen. Die Zeit aber auch im Jahr 2019 mindestens einmal zu unterbieten wäre eine schöne Sache. Nicht dass es mir am Ende wie John ergeht, der nie wieder seine magische Grenze unterbieten konnte. Aber auch das wäre nicht das Ende aller Zeiten. Schließlich stehen mit gut 70 weiteren Marathons noch mehr als genug Chancen auf dem Plan, die allesamt mehr zu bieten haben, als dreieinhalb Stunden Beschäftigung.
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