Kennst du das Gefühl, etwas vergessen zu haben, aber es fällt dir partout nicht ein, was es sein könnte? Ich bin mir sicher, dass dies schon einmal der Fall war und auch meine Reise zum New York Marathon 2018 startete mit dieser Überlegung, die sich noch bewahrheiten sollte. Vergessen hatte ich aber auch etwas ganz Anderes: der 31.10. ist Halloween und während diese Tradition sich zögerlich auch in Deutschland etabliert wird, stellt die USA heutzutage wohl so etwas wie das Mutterland des Halloweens dar, auch wenn die Wurzeln eher in Irland zu verorten sind. Ohne darüber im Vorfeld weiter nachgedacht zu haben, stellte mein Anreisetag offenbar perfektes Timing dar.

Noch während ich beim Schreiben des letzten Beitrags darüber nachdachte und mich fast schon ärgerte, dass man die Buchung des New York Marathons nur in Verbindung mit einem kostspieligen Hotel und einem längeren Aufenthalt umsetzen konnte, dachte ich nicht im Stress der letzten Tage nicht an das Kürbisfest. In Anbetracht der Tatsache, dass der neuste Streifen der Halloween-Filmreihe aufgrund der Rückkehr von Jamie Lee Curtis in den Vortagen im Radio mehrfach täglich thematisiert wurde, übersah ich wohl so etwas wie den sprichwörtlichen Elefanten im Raum und beinahe hätte ich es geschafft, an diesem tatsächlich vorbeizugehen. Aber beginnen wir etwas weiter vorne.
Hannover nach New York
New York stellt die dritte Auswärts-Etappe der Reise in 80 Marathons um die Welt dar und rückblickend war es wohl eine kluge Steigerung. Nachdem ich zunächst mit dem Kassel Marathon den geschützten Bereich der eigenen Wohlfühloase verließ und der Graz Marathon die erste ernsthafte Anreise zu einem internationalen Marathon war, ist New York vermutlich so etwas wie eine dankbar einfache Herausforderung. Also ich vermute es, da ich erstmals in die USA fliege.
Auf der einen Seite weit entfernt am anderen Ende des Atlantiks. Auf der anderen Seite dennoch gut erreichbar und kein völliger Kulturschock für einen Kraut wie mich. Diesbezüglich warten Anfang 2019 ganz andere Eindrücke auf mich. Die größte Herausforderung war also erst einmal das Umtauschen von Euros in die entsprechende Landeswährung. Auch wenn der US-Dollar nicht sonderlich exotisch ist, machte sich damit doch ein Gefühl des Aufbruchs breit. Es war nicht länger nur in 80 Marathons durch Deutschland oder Europa. Spätestens mit dem New York Marathon 2018 geht es tatsächlich um die Welt.
Entsprechend international ging es am Flughafen bereits los. Der Flug nach New York ging über London mittels British Airways und der Zufallsgenerator machte mich zu einem Gewinner: Jeder dritte Passagier wird laut Erklärung des Personals zur intensiveren Kontrolle herausgezogen und bei mir schrillte das Alarmsignal auf. Ich bin alles andere als ein Vielflieger, aber wenn das mein erster Flug gewesen wäre, hätte sich das vielleicht sehr verunsichernd angefühlt. Dies war auch darin begründet, dass der entsprechende Mitarbeiter mich zunächst auf Englisch ansprach – und ich antworte höflich ebenfalls auf Englisch, da ich ihn für einen Briten hielt. Als die Kontrolle dann intensiver werden sollte und ich nach den Gründen fragte, wurde das Englisch meines Gesprächpartners immer schlechter. Offenbar hielt er mich für einen Nicht-Deutschen, so dass ich ihn umgehend davon erlöste, an die Grenzen des aktiven Wortschatzes zu gelangen. Es reicht, wenn ich dieses Gefühl die nächsten Tage regelmäßig bekommen werde.
Von Hannover aus ging es dann zunächst nach London und von dort aus auch schnell weiter in Richtung New York. Am Flughafen angekommen, war zunächst alles kleiner, als ich es mir vielleicht vorgestellte hätte. USA, New York, dieses riesige Land der unbegrenzten Möglichkeiten… Und dann sind gut vier für das Abfertigen der Fluggäste besetzt und die Zollkontrolle besteht aus einem Beamten, der einfach nur durchwinkt. Ernsthaft? Dafür, dass die USA zumindest bei mir gedanklich mit strengen Einreisebestimmungen verbunden sind, waren das quasi gar keine Kontrollen. Nicht nur quasi. Bis auf den Pass und den bei Einreise ausgefüllten Zettel, dass ich kein Essen dabei hätte, war nichts gewesen. Hatte ich auch nicht, aber wenn der Koffer voller Bananen gewesen wäre, hätte das auch niemand gemerkt – und in London hatte ich durchaus noch Essen dabei, als es dort eine Zwischenkontrolle gab. Aber gut, das sollte mir recht sein.
Die ersten Eindrücke von New York
Die Fahrt nach New York erfolgte dann mit Shuttle Bus und was den Fahrstil angeht, liegt da wohl etwas in der Taxi-DNA. Während die ersten Minuten noch recht unspektakulär waren und am Straßenrand stereotypische Holzhütten zu sehen waren, ging es immer weiter in Richtung City, so dass sich nach wenigen Minuten auch die Skyline ankündigte. In New York oder genauer gesagt Manhatten eingetroffen, erlebte man tatsächlich ganz andere Dimensionen, was das Wort Hochhaus betrifft. Man lästert in Hannover ja immer ein wenig, dass die Stadt selbst über keine Skyline verfüge. Wenn man sich anschaut, was in Manhatten an jeder zweiten Straße steht, kann da aber wohl keine deutsche Stadt mithalten.
Da ich keine Vorstellung von New York hatte, wählte ich beim Reiseanbieter im Vorfeld des Westin Hotel an der 8th Avenue Ecke 43th Street. Wer kein New York Kenner ist und ohne Internetrecherche sofort weiß, von welchem Ort ich spreche: Madison Square Garden, Times Square oder Central Park sind allesamt quasi nur einen Steinwurf entfernt und das wollte ich noch am Ankunftstag ausnutzen. Vom Flug zugegeben etwas geschafft, duschte ich nur schnell, um mich sofort in Richtung Times Square auf den Weg zu machen. Ich muss gestehen, ein wenig das „Mona-Lisa-Phänomen“ erlebt zu haben, wenn ich es so bezeichnen darf. Als ich vor einigen Jahren nach Paris reiste und mir den Louvre anschaute, stand ich vor der Mona Lisa und dachte mir nur sinngemäß „OK… Das hättest du auch googlen können.“
Ein wenig erging es mir auch mit dem Times Square so. Als ich auf dem Platz stand, überprüft ich mehrfach meine App, ob ich tatsächlich schon angekommen war, oder noch ein wenig weiter müsste. Das soll nicht missverstanden werden, aber aus Film- und Fernsehen hat man eine geradezu pompöse Vorstellung und im echten New York ist der Time Square von dutzenden Kreuzungen umgeben, die ihm kaum nachstehen. Es verschlug mir zumindest nicht den Atem, aber das muss es vielleicht auch nicht.
Von dort aus ging ich direkt in Richtung Central Park, was aufgrund der Stadtbauweise zumindest in New York absolut einfach ist. Man merkt der Stadt hat, dass Linien auf dem Papier gezogen wurden und alles fein säuberlich in durchnummerierten, im 90-Grad-Winkel zueinander angeordneten Avenues und Streets aufgebaut ist. Auf dem Weg zum Central Park türmte sich ein Hochhaus neben das andere und die Divergenz der Objekte ist, wenn man darüber nachdenkt, zugegeben faszinierend. Neben Prachtbauten mit blitzender Fassade, stehen Wohnblöcke, wie man sie aus den Medien kennt, und die immer noch jedem deutschen Hochhaus die Show stehlen, was ihre Größe betrifft.Der Central Park stellt dagegen so etwas wie eine Oase im Manhattaner Großstadtdschungel dar. Nicht nur, dass um einen herum tatsächlich alles grün ist, sondern es ist auch urplötzlich deutlich ruhiger, obwohl eine Vielzahl an Menschen unterwegs war und im Hintergrund in jeder Himmelsrichtung die Wolkenkratzer ein Wettrennen um Höhenmeter ausführen.
Dennoch hatte mich New York an diesem Nachmittag zumindest noch nicht in seinen Bann gefangen. Wenn man das Internet zu Informationen durchforstet, oder es zumindest versucht, wird man im Vorfeld nahezu erschlagen und ist von den typischen Sehenswürdigkeiten abgesehen eigentlich kein Stück klüger. Dass so viele Menschen aber Interesse an New York haben und nicht nur Reiseblogs und andere Internetseiten dem Ganzen widmen, sondern auch tatsächlich hierherkommen, merkte man zumindest in Manhattan schnell: Man wird quasi von Souvenirshops, Hot Dog Ständen mit überteuerten Würstchen und Hop-On-Hop-Off-Busanbietern erschlagen. Mich würde interessieren, wie das echte New Yorker wahrnehmen oder ob diese Orte wie Manhattan inzwischen sogar eher meiden. Vermutlich würde man es kaum merken, da immer noch unzählige Menschen auf den Straßen wären, um wie ich von einem Must-See-Punkt zum anderen zu pilgern. Vom Central Park in den Madison Square GardenUnd so ging auch ich nach einigen Minuten im Central Park zurück zum Hotel, da ich mir für den Abend spontan Karten für ein Basketballspiel der New York Knicks gekauft hatte. Ich habe nicht wirklich Ahnung von diesem Sport, aber ich dachte mir, dass man die Gelegenheit mal nutzen sollten, den Madison Square Garden von innen zu sehen und ein amerikanisches Sportevent live zu erleben. Und ich hatte Recht.

Während das eigentliche Spiel im Fernsehen sicherlich besser verfolgbar gewesen wäre, war das gesamte Drumherum der gesamten Veranstaltung nicht annähernd mit Fußballspielen in Deutschland zu vergleichen. Friedliche aber laute Stimmung, Beschäftigung der Zuschauer vor und während des Spiels und eine parallele Aufarbeitung von Statistiken auf dem Video-Würfel mitten über dem Spielfeld machten das Spiel wirklich zu einem Eindruck, der mir in Erinnerung bleiben wird. Es ging weniger um das Spiel, als vielmehr um das Erlebnis.
Dennoch ging ich nach dem zweiten Viertel bereits. Es war schließlich Halloween. Und wie ich im Vorfeld erfahren hatte, gibt es jährlich eine riesige Parade mitten durch New York. Hatte ich mich am Nachmittag noch gewundert, dass die Stadt entgegen meiner stereotypischen Erwartungen wie an einem ganz normalen Tag aussah, begegneten mir nun auf den Straßen unzählige verkleidete Menschen. Wie sich herausstellte, waren diese bereits auf dem Rückweg von der Parade, denn als ich ankam, war der Großteil bereits beendet, obwohl ich extra zeitig vom Spiel aufgebrochen war. Einen kleinen Eindruck erhielt ich durch verschiedenste Kostüme dennoch, wobei ein Jeck aus dem Karnevalsraum vermutlich nicht zu beeindruckt gewesen wäre. Umso beeindruckender war dagegen die Stadt. Während sich bei Tageslicht bereits Häuserschluchten um einen herum eröffneten, bekam Manhattan bei Nacht ein völlig anderes Gesicht und wurde der Beschreibung „Die Stadt, die niemals schläft“ auf jeden Fall in dieser Halloween-Nacht gerecht, so dass ich mir auch zu spätester Stunde noch die Zahnpasta kaufen konnte, die ich bei der Abreise tatsächlich vergessen hatte. Während New York weiterhin nicht schlief und die Halloween-Nacht zum Tag machte, kam ich nach insgesamt 24 schlaflosen Stunden erstmals ins Bett. Am nächsten Morgen sollten die Startunterlagen abgeholt werden, um vielleicht allzu große Anstürme zu umgehen. Ob mir das gelingen sollte, bin ich selbst gespannt. Schließlich ist der New York Marathon der größte der Welt und ich freue mich nach den ersten Einblicken in die Stadt umso mehr auf den Lauf!
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