Der Kolshorn Marathon 2021 war in vielerlei Hinsicht ein besonderer Lauf für mich. Marathon Nummer 25 war ein Heimrennen, bei dem ich nicht nur als Teilnehmer antrat, sondern auch weitere Läufer auf die Strecke schickte. Um die coronabedingten Einzelstarts organisatorisch leisten zu können, begab ich mich bereits einen Tag früher auf die Strecke. Am 10.04.2021 folgte schließlich das restliche Feld, so dass ich erstmals einen Marathon aus zwei Perspektiven erleben durfte.
Aufgeregt? – Come on!
Nachdem der Schweriner Seen Trail in den Sommer verschoben werden musste, sollte der Kolshorn Marathon mein erster Lauf seit Oktober 2020 sein. Damals ging es über vier Runden durch Cuxhaven über die volle Distanz, so dass eine gewisse Ungewissheit sich nicht leugnen ließ. Wie würde der erste Marathon im Jahr 2021 verlaufen? Nach der Begegnung mit dem Mann mit dem Hammer drei Wochen zuvor, verliefen die letzten beiden Trainingswochen deutlich besser. Am Sonntag bewältigte ich im Training noch die Halbmarathondistanz unter 1 Stunde 40 Minuten und fühlte mich für das eigentliche Rennen bereit.
War es am Donnerstag noch etwas surreal, vor der eigenen Haustür einen Marathon zu laufen, kam am Freitag die gewohnte Anspannung auf. Die für mich typischen Race-Day-Gefühle: müde Beine, Unsicherheit und kein Appetit. Was für Bühnendarsteller das Lampenfieber ist, sind für mich vor einem Lauf die genannten Empfindungen. Ich wäre vermutlich ein wenig enttäusch gewesen, wenn diese vor dem Start nicht aufgekommen wären.
Obwohl ich weder Hunger noch Appetit hatte, frühstückte ich in gewohnter Weise vor dem Wettkampf. Brötchen, Ei, Milch, etwas Obst… Bei dem Großteil der bisherigen Läufe hat sich diese Kombination bewährt und ist inzwischen wie ein kleines Ritual geworden. Das einzige Problem war an diesem Tag, dass ich am Nachmittag noch Termine hatte, so dass ich nicht zu spät aus dem Haus durfte. In Kombination mit einem behäbigen Aufstehen, blieb auf diese Weise weniger Zeit für die Verdauung, was ich später auf den ersten zehn Kilometern zumindest spürte.

Ready! – Set! – Go!
Ein letztes Foto vor dem Start und los ging das Rennen. Ich kannte bisher nur vom Hannover Marathon das Gefühl durch Straßen zu laufen, die man schon einige Male durchquert hatte. Einen ganzen Wettkampf zu laufen, dessen Teile man im Training bereits unzählige Male bestritten hatte, war neu. In Kombination mit der Tatsache, allein unterwegs zu sein, tat ich mich spürbar schwer, ein Wettkampfgefühl auf die Strecke zu bekommen.

Ich war die ersten Kilometer keinesfalls langsam unterwegs. Dennoch hatten Körper und Geist noch nicht so ganz verstanden, dass es auf den heutigen Tag ankäme. Dies war kein Versuch. Der Kopf begriff dies aber noch nicht so ganz.
Da ich ohne Zeitansage lief, hatte ich keine Orientierung für mein Tempo. Ich wusste, dass ich nicht zu langsam laufe, merkte aber auch, dass dies kein wirklich guter Tag war. Nach zehn Kilometern waren etwas mehr als 50 Minuten vergangen. Ich fühlte mich gut, bekam aber die Bestätigung, dass dies heute nicht annähernd so etwas wie eine Bestzeit werden würde.
Ein Grund war auch der Magen. Mir war nicht schlecht, aber ich merkte dennoch ein gewisses Völlegefühl, das sich nun langsam legte. Entgegen meiner normalen Rennstrategie verzichtete ich auch erst einmal auf weitere Kohlenhydrate, da ich schlichtweg pappsatt war. Der Gedanke, etwas zu essen, sorgte für keine Begeisterung, so dass ich mich auf mein Körpergefühl verließ.
Zurück in Kolshorn ging es auf die zweite Schleife. Den ersten Halbmarathon hatte ich in knapp 1 Stunde 48 Minuten bewältigt. Bis hierhin hatte ich noch nicht das Gefühl, dass es schwer wird, aber die Sonne und die wärmer werdenden Temperaturen sorgten für den ersten spürbaren Schweiß im Gesicht. Kurz darauf war dieser weniger mein Problem: Ich bekam Gegenwind, der mich von nun an stets begleitete, wenn es in südwestliche Richtung ging.

36 + 6: Die wahre zweite Hälfte des Marathons
Eine Lektion, die ich aus dem Marathonlaufen bereits in der Vergangenheit gelernt hatte, war die, dass ein Marathon nicht zwei Halbmarathons lang ist, sondern aus 36 und 6 Kilometern besteht. Das wahre Rennen beginnt für mich stets auf den letzten Kilometern, was auch dieses Mal der Fall war. Die Pace wurde langsamer und das Bedürfnis, aufzuhören, kam in mir auf. Ein alter Bekannter, der sich in fast jedem Rennen bisher zu mir gesellte. Was diesen Punkt betrifft, wird Marathon ab dem 36. Kilometer in gewisser Weise mehr eine Frage der Psyche als der Physis.
Ich bog auf den letzten Abschnitt des Rennens, stellte mich noch einmal dem Gegenwind und lief – im Bewusstsein die magischen vier Stunden zu unterbieten – auf die letzten Kilometer in Richtung Ziel. In Kolshorn erneut angekommen noch einmal über eine Kreuzung und zurück auf den Dorfplatz. Geschafft. Die Uhr zeigte 3 h 49:49 min an, was keine grandiose Zeit darstellte, aber in Anbetracht der Gesamtsituation völlig in Ordnung war. Trotz geleertem Trinkrucksack hatte ich über zwei Kilogramm an Gewicht verloren. Am Ende zählte aber nur eins: Marathon 25 war bewältigt.
Halbmarathon auf dem Rad: Die Strecke markieren
Nachdem ich vor einigen Tagen bereits die komplette Strecke fotografiert hatte, um den Teilnehmern die Orientierung zu erleichtern, setzte ich mich am Nachmittag auf das Rad und fuhr den ersten Halbmarathon ab, um Kreidemarkierungen auf der Strecke zu verteilen. Im Bewusstsein, dass leichter Regen angekündigt wurde, hoffte ich auf das Beste und fuhr die gesamte erste Schleife einmal ab.





Ich war geradezu erstaunt, wie gut meine Beine die Radtour nach dem gelaufenen Marathon mitmachten. Wie ich später am Abend feststellte, sollte die Belastung sich nach einer längeren Pause auf dem Sofa dann doch noch bemerkbar machen. Auch Marathon 25 war rückblickend kein Spaziergang.
Seitenwechsel: Die Teilnehmer auf die Strecke schicken
Der nächste Morgen wurde vom Wecker eingeläutet. Trotz Wochenende war klar, dass ich nicht ausschlafen konnte. Schließlich wollten noch sieben weitere Läufer den Kolshorn Marathon 2021 bewältigen. Im Vorfeld beschrieb ich bereits, dass neben Medaille und Startnummer insbesondere die Strecke für mich einen Marathon ausmacht. Der vierte Punkt ist die Verpflegung am Ende des Rennens. Coronabedingt waren keine Verpflegungsstationen möglich und auch die Medaillenübergabe sollte kontaktlos stattfinden.
Ich packte somit vor dem Rennen für alle Teilnehmer einen kleinen Finisher-Beutel, in dem neben der Medaille diverse Snacks Platz fanden, über die zumindest ich mich nach einem Rennen freuen würde. In jedem Fall wollte ich nicht die typische Apfel-Banane-Laugengebäck-Verpflegung anbieten, sondern den Läufern etwas mehr Abwechslung bieten.

Kurz nach halb neun gab es auch bereits den ersten Anruf. Der erste Teilnehmer kam und da die Startslots in erster Linie die Anreise organisieren sollten und die Netto-Zeit am Ende gezählt wurde, sprach nichts gegen eine leicht geänderte Startreihenfolge. Auf diese Weise verging die erste Stunde praktisch wie im Flug. Nach und nach trafen alle angemeldeten Personen ein und gingen nach einem kurzen Briefing auf die Strecke.
Nachdem auch der letzte Läufer ins Rennen gestartet war, begab ich mich erneut auf das Fahrrad, um die wichtigsten Teile der zweiten Streckenhälfte ebenfalls mit Kreide zu markieren. Entgegen des Wetterberichts blieb Kolshorn gänzlich vom Regen verschont. Mit einem bewölkten Himmel bei knapp 8 Grad herrschte perfektes Marathonwetter herrschte.
Nachdem ich eine kleine Schleife gefahren war, begegnete mir nach kurzer Zeit auch bereits Karsten vom Blog 80er-Kind, der das schnellste Rennen an diesem Tag bestreiten sollte. Die Bestätigung, dass die Strecke nachvollziehbar beschrieben und markiert war, beruhigte mich als Verantwortlichen.
Ergebnisse Kolshorn Marathon 2021
Nachdem der Tag um halb neun für mich begonnen hatte, endete dieser halb vier am Nachmittag. Während Karsten mit Abstand der schnellste Läufer war, schaffte auch der älteste Teilnehmer mit 72 Jahren den Marathon unter sechs Stunden. Die Ergebnisse im Überblick:

Da es zumindest mich im Vorfeld interessiert hätte und ich keine Informationen darüber fand, noch ein paar Zahlen zum Abschluss: Die Medaillen kosteten 122,90 Euro, wobei einen Großteil davon die Umsetzung der Grafikerin ausmachte. Für 100 Erinnerungsstücke hätte man nicht einmal die dreifache Summe bezahlt. Ähnliches gilt auch für die Startnummern, die in einer größeren Anzahl günstiger werden. Ich zahlte für zehn Stück 97,06 Euro. Zuletzt kam die Verpflegung für die Finisher hinzu, die noch einmal knapp 50 Euro ausmachte.
An dieser Stelle noch einmal Danke an alle Teilnehmer und insbesondere auch an den 100-Marathon-Club, der die Ausschreibung verlinkte und dadurch die Teilnehmerzahl sicherte. Bekanntlich wächst man an seinen Aufgaben und auch ich habe durch die Organisation dieses kleinen Laufes wieder das ein oder andere gelernt.
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