Gold Coast Marathon 2019: Wenn der Obst-Hund anschlägt

Was den USA Florida oder Hawaii sind, ist dem Australier die Gold Coast. Südlich von Brisbane befindet sich nicht nur die zweitgrößte Stadt des Bundesstaates Queensland, sondern auch ein kilometerlanger Sandstrand, der Touristen aus der gesamten Welt anlockt. Mich lockten dagegen, wie hinlänglich bekannt ist, nur 42,195 km, die ich auf dem australischen Kontinent laufen möchte. Was mir im Vorfeld nicht klar war: Die Wahl hätte durchaus schlechter ausfallen können.

Einreise mit Hindernissen

Die Reise nach Australien verlief generell relativ entspannt. Sowohl in Paris als auch Hong Kong hatte ich mehr als ausreichend Zeit für die Wechsel der Flieger und sammelt darüber hinaus auf dem Flughafen in Hong Kong sogar noch meine täglichen 10.000 Schritte. Nicht weil die Wege so lang gewesen wären. Das genaue Gegenteil war eher der Fall, sondern weil das Zeitfenster auch Dank verspätetem Start nach Brisbane mehr als ausreichend lang war und ich auf diese Weise eine kleine Abwechslung  zur Rumsitzerei hatte.

Nach weiteren Stunden im Flieger nach Brisbane, der nach der Verspätung auch auf dem Rollfeld noch einmal eine Stunde verbrachte, kam ich endlich in Australien an. Obwohl ich als Deutscher ein eVisitor-Visum hatte, wie es beispielsweise auch von Luxemburgern oder Japanern genutzt werden muss, gab es für die beiden genannten und weiteren Nationen eine andere Warteschlange als für mich mit meinem deutschen Pass. Und so stand ich zunächst mit einer großen Anzahl an Vietnamesen, Chinesen und anderen asiatischen Menschen in einer langen Schlange, die schon den Großteil der Flugzeugpassagiere ausgemacht hatten. Nach knapp einer Stunde durfte auch ich meinen Pass vorzeigen und wurde dabei so freundlich angesprochen, wie noch auf keiner meiner Reisen. War ich sonst grimmige Blicke gewohnt, mit denen mein Pass regelmäßig argwöhnisch betrachtet wurde, gab es diesmal ein freundliches Lächeln und nach nicht einmal 30 Sekunden war ich schon durch die Kontrolle. Ganz so leicht wurde mir die Einreise dann aber noch nicht gemacht.

Schon im Flugzeug füllte ich den auch schon meiner New York Reise bekannten Zettel aus, ob man Lebensmittel oder andere tierische Produkte mitführen würde. Wahrheitsgemäß kreuzte ich überall „Nein“ an. In Deutschland nahm ich zwar noch Äpfel und Tomaten in meinen Rucksack, hatte die letzten aber im Flieger nach Brisbane gegessen. Der Zufallsgenerator schob mich in Reihe 1, deren Boden mit einem grünen Streifen verziert war, auf dem sich weiße Fußstapfen befanden. Am Ende warteten drei Zollbeamte sowie ein Drogenspürhund auf mich. Wie aufgefordert, blieb ich stehen und der Hund schnupperte an meinem Koffer und meinem Rucksack, bevor ich von einem anderen Beamten gebeten wurde, zur Seite zu treten.

Mit ernsthaftem Blick und fast schon unfreundlichem Tonfall fragte er mich, was ich nicht verstanden hätte. Ich reagierte überrascht, woraufhin er mich fragte, ob dies mein Zettel sowie meine Unterschrift sein und ob ich die Kreuze selbst gesetzt hätte. All dies bejahte ich. Anschließend fragte er, ob ich alles verstanden hätte. Dies beantworte ich wahrheitsgemäß so, dass ich das schon denke. Es folgte die nächste Nachfrage, warum ich es mir nur denken würde. Hätte ich es nun verstanden oder nicht? Ich wiederholte, dass ich davon ausgehe, allerdings kein Native Speaker bin. – Einer Schuld war ich mir nicht bewusst.

Mit bösem Block erklärte er mir, dass er in meine Sachen schauen müsste, die ich ihm bereitwillig übergab, und er entleerte meinen Rucksack mit Bedacht auf dem Tisch zwischen uns. Nachdem der gesamte Inhalt verteilt war, ging er zu dem Beamten mit dem Hund, um sofort zurückzukehren und mich zu fragen, ob ich Früchte mitgeführt hätte. Ich erzählte ihm von den Äpfeln und den Tomaten und was damit jedoch geschehen war und sein Gesichtsausdruck veränderte sich sprunghaft.

Er erklärte mir, dass der Hund wegen dem Obst angeschlagen hätte und Gerüche noch ein bis zwei Tage später wahrnehmen könne. Mehr oder weniger entschuldigte er sich bei mir und aus dem verbissenen Zollbeamten wurde ein freundlicher Australier. Als er mich dann noch fragte, was ich beruflich machen würde, und ich wahrheitsgemäß antwortete, bei der Polizei zu sein, waren alle Dämme gebrochen. Das Gesicht schlug in ein Lächeln um, er erklärte mir, dass ich sicherlich selbst wüsste, wie manche Menschen es mit der Wahrheit nehmen würden und selbstverständlich wurde ich nach der „Autobahn“ gefragt. Zu seiner Enttäuschung musste ich ihm sagen, dass ich nicht auf dieser arbeiten würde und mein beruflicher Alltag somit nicht aus schnellem Geradeausfahren bestand. Ich entnahm seiner Reaktion allerdings, dass er sich diese Verwendung sehr gut hätte vorstellen können.

Perfekte Bedingungen beim Gold Coast Marathon 2019?

Kurz darauf war ich dann endgültig aus dem Flughafen herausgekommen und trat in den kühlen und nassen australischen Winter. Ich thematisierte das schon im letzten Beitrag und wie ich mir von den Australiern erklären ließ, seien die Wetterbedingungen aktuell nicht unbedingt typisch für diese Zeit. Kam in Brisbane noch am ehesten so etwas wie Nieselregen herunter, waren es an der Goldküste richtige Schauer. Und ich meine tatsächlich ohne jede Übertreibung Schauerregen, der zeitweise zu Boden fiel.

Glücklicherweise hatten sich die Wettervorhersagen für den Marathon selbst inzwischen verändert und zumindest der Wettkampftag sollte trocken über die Bühne laufen. Die Bedingungen stellten also zunächst einmal keinesfalls die schlechtesten dar. Neben der Trockenheit wird mir – wie bereits angesprochen – eine Hitzeschlacht erspart blieben. Hinzu kommt, dass der Gold Coast Marathon die ebenste Strecke anbietet, die man in Australien laufen kann. So gesehen also tatsächlich ideale Bedingungen, die auf mich warten.

Auf der anderen Seite ist die mehr oder weniger gewollte Trainingspause eine Woche vor dem Gold Coast Marathon durchaus eine psychische Herausforderung. Belastung wäre ein zu starker Begriff. Dennoch erwischte ich mich die letzten Tage häufiger bei dem Gefühl, in meinen Körper hineinzuhören, ob er fit für den Lauf sei. Ich bin diesen kleinen mentalen Kampf mit dem eigenen Mindset inzwischen von Taperingphasen gewohnt und wurde bisher im Wettkampf nie enttäuscht. Es ist dennoch leichter im Rahmen von Betreuungen anderen Mut und Zuversicht zuzusprechen, als sie dann selbst zu empfinden.

Zwei Tage keinen Schlaf

Verstärkt wurde dieses Gefühl durch die nicht unbedingt optimalen Schlafbedingungen. Ich schrieb glaube ich schon einmal, dass ich einmal den Tipp bekam, dass das Jetlag in Richtung Westen besser zu verkraften wäre, als in Richtung Osten. Während dies bei meinen Reisen zum Dubai Marathon sowie zum Neu Delhi Marathon in diesem Jahr dennoch kein Problem war, bekam ich es diesmal dann doch zu spüren.

Bisher war ich immer recht früh am Morgen aus Hannover abgereist, was rückblickend vermutlich einen Einfluss gespielt haben wird, denn diesmal ging der Flieger erst um 20 Uhr aus Deutschland und nachdem ich kurz vor Mitternacht in Paris gestartet war, konnte ich schon auf dem Flug nach Hong Kong nur unruhig und kurz schlafen. Gleiches wiederholte sich beim Nachtflug in Richtung Brisbane und so waren die Nächte von Unruhe und Schlaflosigkeit geprägt. So sehr, dass mein Fitbit für Donnerstag und Freitag nicht einmal Schlafphasen aufzeichnete und auch mein Puls nur kurzzeitig auf ein Schlafniveau sank.

Das bekam ich schließlich bei meiner Ankunft in Australien zu spüren. Nachdem die Fahrt mit dem Zug aufgrund von Bauarbeiten sich schon von 1,5 auf 3 Stunden verlängert hatte und ich endlich meine Unterkunft erreicht hatte, spürte ich, dass ich zu nicht mehr viel zu gebrauchen war. Ursprünglich hatte ich überlegt, nach der Abholung der Startnummer noch kurz beim Surfers Paradise vorbeizuschauen, an dem ich vor 15 Jahren schon einmal war, aber so verwarf ich diesen Plan.

Ein Beutel voller Luft

Ich war so kaputt, dass ich nicht einmal duschte, bevor ich zur Gold Coast Marathon Messe fuhr, da ich diesen wichtigen Punkt erst noch von meiner Liste streichen wollte. Wie sich herausstellte, ist der Nahverkehr an der Goldküste hervorragend ausgebaut und Busse und Straßenbahnen fahren mindestens viertelstündig ab. Mit meinem 3-Tagesticket also die besten Bedingungen bis zur Messe zu gelangen.

Diese fand inzwischen bereits den dritten Tag statt und war vermutlich aus diesem Grund eher leer. Ich selbst gehöre sonst auch zu den Menschen, die ihre Unterlagen möglichst rechtzeitig abholen und wahrscheinlich wird es den meisten anderen Startern nicht viel anderes ergangen sein. Dennoch hätte ich etwas mehr Gewusel erwartet, wobei dazu gesagt werden muss, dass die Nummernausgabe an einer Vielzahl an Plätzen gleichzeitig möglich war und Warteschlangen zumindest drei Stunden vor Ende der Abholphase vermutlich vor allem deshalb ausblieben.

Mehr als eine Nummernabholung war es tatsächlich nicht. Die nette Dame überreichte mir meine Nummer, wies mich noch einmal auf meinen Startblock hin und übergab mir meinen schwarzen Beutel des Gold Coast Marathons in dem sich nichts außer Luft befand. Keine Snacks, keine Werbung und nicht einmal Informationen zum Rennen am nächsten Tag. Nun verstand ich, warum ich bei dieser Veranstaltungen wie bei noch keiner zuvor mit Informationen per email bombardiert wurde und warum die offizielle Website der Veranstaltung an diesem Tag zeitweise immer wieder nicht erreichbar war an.

Dies mag aus ökonomisch und ökologischer Sicht gleich eine doppelt sinnvolle Lösung gewesen sein, allerdings hätte ich mir zumindest einen kurzen Flyer, auf dem tatsächlich noch einmal die wichtigsten Informationen auf einen Blick gewesen wären, gewünscht. Startzeit, Strecke und Adresse vom Startort waren nämlich sowohl auf der Website zum Gold Coast Marathon als auch den emails nur einzeln zu finden und in keiner gesamtheitlichen Übersicht. Da lobe ich mir tatsächlich das Programmheft zum Luxemburg Marathon, das man als Teilnehmer sogar nach Deutschland per Post zugeschickt bekommen hatte.

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Süßigkeiten gehen immer…

Im Anschluss war ich dann tatsächlich nicht länger zu gebrauchen. Da ich in keinem Hotel, sondern einem Ferienhaus einquartiert war, ging ich noch in einen gegenüberliegenden Laden und kaufte neben normaler Lebensmitteln ein paar australische Süßigkeiten für zu Hause. Anschließend holte ich die wohlverdiente Dusche nach und ging noch einmal den Weg zum Startbereich ab, um einschätzen zu können, wie lange ich am nächsten Tag benötigen würde, bevor ich gegen 17 Uhr australischer Zeit ins Bett fiel. Ich habe keine Ahnung, ob ich bereit bin, aber in weniger als 24 Stunden sollte ich klüger sein.

Frank

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