Neu Delhi Marathon 2019: Laufen im Smog?

Der Mensch braucht Luft zum Atmen. Selbst der Spanier Aleix Segura, der den Weltrekord im Apnoetauchen 2016 auf 24:03 min ausbaute, konnte dies nur mit Hilfe von reinem Sauerstoff schaffen, den er zuvor einatmete. Pro Tag atmen wir rund 10.000 Liter Luft durch unsere Lungen, die zu fast 80 Prozent aus Stickstoff und gut 20 Prozent aus Sauerstoff besteht. Andere Gase sind nur in äußerst geringen Teil enthalten. Anders sieht es dagegen in Neu Delhi aus.

Ein Marathon, bei dem einem die Luft weg bleibt?

Indien ist nicht nur eines der bevölkerungsreichsten Länder der Welt und wird in naher Zukunft vielleicht sogar auf den ersten Platz vorstoßen, sondern hat auch ein Luftproblem. Auf der Liste der Städte mit der weltweit stärkten Luftverschmutzung finden sich in der Top 20 ganze 13 Städte, die in Indien liegen. Unangefochten auf Platz 1: Neu Delhi. Das oftmals in Deutschland im Zusammenhang mit Smog wahrgenommene China taucht als erstes auf Platz 36 mit Lanzhou auf und Peking erreicht sogar nur Platz 76. Deutschland ist dagegen weit abgeschlagen außerhalb der Top 500. Die erste Stadt, die auf der Liste aufgeführt wird, ist nicht etwas im Ruhrpott zu finden, sondern Berlin auf Platz 596. Bis man beispielsweise Gelsenkirchen auf Platz 611 findet, folgen zuvor noch Cottbus (601) sowie Bielefeld (609). Eine kleine Zahlenspielerei, die in jedem Fall zumindest nicht meiner gefühlten Smog-Liste entsprochen hätte.

Während man in den Medien in der Vergangenheit immer wieder chinesische Städte präsentiert bekam, ist Smog in Europa in den letzten Jahren ein deutlich geringeres Problem geworden. Starben in London 1952 noch rund 12.000 Menschen am Great Smog, forderte die unsaubere Luft 10 Jahre später im Ruhrgebiet das Leben von knapp 150 Menschen. Der letzte Smog-Alarm auf deutschen Boden wurde 1989 in Leipzig ausgerufen. Seitdem stellt Luftverschmutzung durch Smog in Deutschland kein Problem mehr da.

Und während in China das Smog-Problem die letzten Jahre ebenfalls erfolgreich angegangen wurde, hat Indien wie bereits beschrieben inzwischen mehrere Spitzenplatzierungen in einer Liste, in der eigentliche niemand vertreten sein möchte. Habe ich bei anderen Marathonzielen in der Vergangenheit vor allem die Temperaturen beobachtet, um mir ein Bild darüber zu machen, mit welchen Bedingungen ich zu rechnen hätte, schaute ich in meiner iPhone-Wetter-App dagegen tatsächlich eher auf die Bewertung der Luftqualität, die meist nicht sonderlich gut war.

Wer es noch genauer wissen will, kann sich im Internet die genaue Aufschlüsselung der Luftwerte vor Ort anschauen. Für Neu Delhi ist diese gemäß World Air Quality Project durchgehend nicht gut. Aus diesem Grund bestellte ich mir bereits vor einigen Wochen prophylaktisch Atemschutzmasken mit EN Norm 149, die auch feinste Partikel abhalten sollen. Ob ich diese tatsächlich beim Neu Delhi Marathon nutzen werde, weiß ich selbst noch nicht.

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Atemschutzmasken mit EN Norm 149 sollen gegen den potentiellen Smog helfen können…

Ein dutzend Marathons für über eine Milliarde Menschen

Der Neu Delhi Marathon ist noch eine recht junge Veranstaltung. Während der im Oktober stattfindende Delhi-Halbmarathon mit fast 30.000 Finishern aufwartet, waren es beim Neu Delhi Marahton 2018 lediglich die Hälfte. Natürlich sind 15.000 Teilnehmer immer noch eine unfassbar große Menge für eine Laufveranstaltung, allerdings sprechen wir auch von einem Land, in dem über eine Milliarden Menschen leben. Das Marathonlaufen scheint jedoch nicht annähernd so viel Begeisterung wie in Deutschland hervorzurufen. Von den 22 offiziellen Rennen der Athletics Federation of India waren 2018 lediglich zwölf Rennen über die Marathondistanz. In ganz Indien! Dennoch wurde durch den Inder Thonakai Gopi in 2 h 15:15 min ein bemerkenswert schnelles Rennen im Smog gelaufen.

Als Nicht-Inder gestaltete sich die Registrierung dagegen gar nicht so einfach. Die Bezahlung war lediglich mit indischer Kreditkarte oder elektronischen Zahlsystemen, die in Deutschland nicht verfügbar waren, möglich. Kein Paypal und auch die Visa-Karte genügte nicht, um sich in diesem Fall die Freiheit zu nehmen. Also schrieb ich die Veranstalter per E-Mail an, dass da ein Typ aus Deutschland gerne am Marathon in Indien teilnehmen würde, aber die Bezahlsysteme nicht nutzen könnte.

Nach wenigen Tagen erhielt ich auch bereits Antwort von den Veranstaltern und man versicherte mir, dass man mich manuell registriert habe und ich schließlich auf der Expo vor Ort beim Abholen der Unterlagen zahlen könne. Es war zugegeben ein komisches Gefühl, sich auf diese informelle Zusage zu verlassen, ohne in einem System die Registrierung online bestätigt zu bekommen, und darauf basierend Flug, Hotel und Visum zu bezahlen. Wenige Tage vor dem Marathon erreicht mich aber schließlich noch einmal eine offizielle E-Mail mit weiteren Informationen zur Expo, dem Marathonablauf und schließlich auch meiner Startnummer.

Wie ich inzwischen in einem der wenigen deutschsprachigen Erfahrungsberichte zum Neu Delhi Marathon nachlesen konnte, war dies offenbar auch bereits in der Vergangenheit so und verlief unproblematisch. Das wäre dann auch gleich mein Stichwort für das Training der letzten Wochen. Verlief dieses unproblematisch? Ja und nein. Zunächst einmal blieb ich dieses Mal vom Kranksein verschont, was nicht jedem in meinem Haushalt die letzten Tage vergönnt war, weshalb ich dies schon einmal als positive Omen verbuche. Und auch die langen Nüchternlaufe waren gewohnt anstrengend, verliefen jedoch wie geplant.

Anders verhielt es sich dagegen mit meiner schnellen Runde in dieser Woche. Nachdem ich die Woche zuvor einen Ruhetag vorziehen musste und die Zahl an aufeinanderfolgenden Trainingstagen sich auf vier erhöhte und das Belastungsvolumen für die Beine auch etwas höher als in den Wochen davor ausfiel, merkte ich dies beim 36-Kilometer-Lauf am letzten Sonntag dann doch. Meine letzte lange Distanz, die ich immer vor einem Marathon laufe, wenn man „immer“ bei nicht einmal einem Dutzend Marathons so sagen darf. Es ist aber eine Distanz, mit der ich bisher gute Erfahrungen gemacht habe. Ob es am Wettkampftag dann die letzten Kilometer schwer wird oder nicht, hängt sowieso von einer Vielzahl an Faktoren ab und wie ich beim Kassel Marathon lernte, kann sich das Gefühl der Erschöpfung auch bereits deutlich früher bemerkbar machen.

Das Ganze mündete schließlich in einem sehr schlechten 10-Kilometer-Lauf in dieser Woche, bei dem die Luft keinerlei Probleme darstellte, die Beine aber wie festgenagelt am Boden blieben. Es wird eine Mischung aus zu wenig Erholung, zu hoher Belastung und vernachlässigter aktiver Regeneration gewesen sein, so dass ich keine Bedenken für den Neu Delhi Marathon 2019 habe. Die Beine werden für das Rennen frisch genug sein. Spannender wird dagegen eher, wie es sich mit der Luft verhält.

Frank

4 Kommentar zu “Neu Delhi Marathon 2019: Laufen im Smog?

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