Vilnius Marathon 2022: Anreise und Museum der Illusionen

Nachdem meine letzten Läufe im Jahr 2022 vor allem von heißen Temperaturen geprägt waren, entschied ich mich recht spontan vor dem Chicago Marathon 2022 doch noch eine Reise zu einem internationalen Rennen umzusetzen. Während eine Teilnahme beim Helsinki Marathon noch zu Gunsten des Ultras in Rauschenberg zurückgestellt wurde, sollte es im September zumindest in die Nähe Finnlands gehen. Vilnius ist die Hauptstadt des baltischen Staates Litauen, das gemeinsame Grenzen mit Lettland, Belarus, Polen und Russland aufweist. Bis zum 15.09.2022 herrscht gemäß Informationen des auswärtigen Amtes der temporäre Ausnahmezustand. Der Vilnius Marathon 2022 war jedoch zumindest in der offiziellen Kommunikation zu keinem Zeitpunkt gefährdet.

Laufen durch UNESCO-Welterbe

Der Vilnius Marathon wurde 2004 ins Leben gerufen und trat damit das Erbe früherer Läufe an, die bereits ohne die Stadtgemeinde organisiert wurden. Das Rennen in der litauischen Hauptstadt verspricht, soweit man darüber Informationen im deutschsprachigen Internet findet, mit einem Verlauf durch das UNESCO-Welterbe der Altstadt und hohe Kiefernwälder viel Abwechslung. Wie schon in den Vorjahren wird man auf der Marathondistanz zweimal die Gelegenheit haben, sich an der Umgebung zu erfreuen, da die Halbmarathonstrecke doppelt gelaufen wird.

Streckverlauf Vilnius Marathon 2022 – Quelle: vilniusmarathonas.lt

Obwohl der Marathon auch in der Vergangenheit bereits eine Vielzahl an Nationen angezogen hatte, erfreuten sich an den Eindrücken zuletzt offenbar vornehmlich Litauer. Ein Blick in die Ergebnisliste zeigt, dass Lokalmatador Lukas Tarasevičius als Einziger 2021 die magischen 2h 30min unterbot. Ihm waren in der Top 50 bis auf fünf Ausnahmen nur Landsmänner auf den Fersen.

Dies mag auch an der Außendarstellung des Marathons liegen. Es gab im Vorfeld auf der Homepage zwar die Möglichkeit, sich Teile der Website in Englisch anzeigen zu lassen, aber die regelmäßigen Newsletter-Updates, die man als Teilnehmer erhielt, musste ich jedes Mal durch den Google-Translator jagen, da ich kein Litauisch verstehe. Ich könnte mir zumindest vorstellen, dass dies manch einem Deutschen die Teilnahme am Münster Marathon, der auf den gleichen Tag gelegt wurde, leichter machte.

Vilnius statt Wolfsburg

Ich selbst entschied mich aber für die Reise nach Litauen. Zwischenzeitlich stand auch eine Teilnahme am Wolfsburg Marathon, der ebenfalls an demselben Wochenende eingeplant wurde, für mich zur Debatte stand. Dies führte dazu, dass ich mich erst Ende August für Vilnius anmeldete und mir für den Tag vor meiner Abreise noch einen Spätdienst eingeplant hatte. Es sollte also eine eine kurze Nacht werden.

Hinzu kam die Unsicherheit, wie voll der Flughafen sein würde. Die Ferien waren zwar zu Ende und die mediale Berichterstattung hatte sich bereits längst anderen Themen gewidmet, doch wie die Zustände am Hannoveraner Flughafen tatsächlich sein würden, war mir im Vorfeld nicht klar. Entsprechend klingelte der Wecker drei Stunden vorm Abflug, so dass ich ein Zeitfenster von mindestens zwei Stunden am Flughafen selbst haben sollte.

Wie sich herausstelle, war dies mehr als großzügig bemessen. Beim Sicherheitscheck hatte sich zwar eine lange Schlange angestaut, die aber relativ zügig abgearbeitet wurde. So hatte ich mehr als eine Stunde Wartezeit im Gate-Bereich, bevor das Boarding überhaupt begann. Von Hannover ging es schließlich über Amsterdam nach Vilnius, das sich schon beim Anflug so präsentierte, wie die Streckenbeschreibung es erahnen ließ.

Arm und Reich im Kontrast

Vom Flughafen ging es mit dem Taxi in Richtung Hotel, das in der Nähe des Marathonstarts lag. Der Flughafen selbst hatte eher das Flair eines kleinen Bahnhofes und weniger das eines internationalen Anlaufpunktes. Die ersten Eindrücke draußen an der frischen Luft waren ähnlich unspektakulär. Gleichzeitig hätte ich auf den ersten Blick nicht erkannt, in einem ehemaligen Ostblock-Staat zu sein.

Dieser Eindruck wandelte sich auf dem Weg zum Hotel. Die Häuser waren nun zunehmend einfacher und älter. Dazu muss ich sagen, dass auch auf meiner Reise nach Griechenland Straßen durchfahren wurden, deren Häuser nicht unbedingt von deutschen Standards zeugten. Dennoch waren die erste Gegend, durch die das Taxi mich brachte, vermutlich eher der ärmeren Bevölkerung zuzuordnen. Um so mehr war ich darüber erstaunt, dass die Benzinpreise nicht weit von deutschen Verhältnissen lagen. Auch die späteren Einkäufe im Supermarkt hatten gefühlt ein deutsches Preisniveau.

Vielleicht mag dies aber auch ein Innenstadtbonus sein. Wie ich bereits schrieb, lag das Hotel tendenziell im Zentrum der Stadt und dieses präsentierte sich von einer auffallend schönen Seite. Meine ersten Gedanken waren Vergleiche mit Amsterdam, nur dass die Straßen hier nicht hoffnungslos überfüllt waren.

Papiertüte statt Beutel – aber dafür reichlich gefüllt

Vom Hotel aus waren es keine zehn Minuten bis zur Startnummernausgabe. Die Abwicklung war mit Zelten organisiert, wobei es für jede Distanz nur eine Person gab, die die Unterlagen herausgab. Offenbar verteilten sich die Litauer aber gut über die verschiedenen Tage, an denen die Läufer Unterlagen abholen konnten. Die Zahl an Personen, die sich ihre Nummer abholen wollte, war überschaubar.

Anders als bei vielen anderen Läufern gab es jedoch keinen Startbeutel, sondern eine Papiertüte. Diese war dafür aber so gut gefüllt, wie ich es noch bei keinem Marathon erlebt hatte. Neben einem T-Shirt und einer Mütze sowie der BIB für das Rennen lag der Tüte ein Eiweißbrot, Datteln, Chips und verschiedene Riegel und Gels bei. Natürlich sind das alles Dinge, die man sich auch selbst kaufen kann. Ich betonte aber schon in der Vergangenheit, dass zumindest ich mich als Teilnehmer in gewisser Weise wertgeschätzt fühle, wenn man nicht nur lieblos eine Startnummer bei einem großen Rennen in die Hand gedrückt bekommt.

Inhalt der Marathon-Tüte

Abstecher ins Museum der Illusionen

Nachdem ich zwar aufgrund der kurzen Nacht relativ übermüdet war, aber dennoch schneller als erwartet alles erledigt hatte, stellte ich fest, dass das Museum der Illusionen nicht allzu weit von meinem Hotel entfernt lag. Ich hatte mir diesen Ort bereits zu Hause rausgesucht, allerdings keine Vorstellung, wie groß das Museum tatsächlich sein sollte.

Wie sich zu meiner Enttäuschung herausstellt, erschuf der Begriff Museum zumindest auch in meinem Kopf eine Illusion. Es handelte sich vielmehr um eine kleine Ausstellung, die in weniger als einer halben Stunde komplett abgegangen war. Einige Ausstellungsstücke waren nett, aber meine Erwartungen waren zugegeben andere gewesen.

Ich hoffe, dass mein Fazit nach dem Vilnius Marathon 2022 anders ausfallen wird. Nach dem Museumsbesuch holte ich mir noch etwas Essen. Das Hotel hätte erst ab 8 Uhr morgens Frühstück angeboten und so versorgte ich mich selbst, bevor ich zum Abschluss des Tages ein Basenbad nahm. Die Wetterapp sagte 9 Grad und Dauerregen vorher. Ich war gespannt, inwiefern sich dies bewahrheiten sollte.

Frank

2 Kommentar zu “Vilnius Marathon 2022: Anreise und Museum der Illusionen

  1. Auch wenn Vilnius sicherlich nochmal besonderer ist, kann ich den Wolfsburg Marathon für das nächste Jahr sehr empfehlen. Bei der eigenen Heimatstadt mag man zwar etwas voreingenommen sein, aber zumindest 2019 war der Lauf top organisiert und man hat die schönsten Ecken der Stadt gesehen, besser hätte die Route kaum sein können. Einziger Nachteil ist, dass der Marathon ebenfalls über zwei Runden der Halbmarathon Strecke geht, was ich persönlich etwas schade finde.

    1. Hi Erik, danke für die Rückmeldung! Die zwei Runden waren es auch schon 2016 als ich erstmal darüber nachdachte einen zweiten Marathon in dem Jahr zu laufen, was mich damals abschreckte. Inzwischen bin ich ja ganz andere Sachen schon fast „gewöhnt“ 😄 Danke für den Hinweis, wenn der empfehlenswert ist, wird der auf jeden Fall nachgeholt!

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