Wohl kaum eine andere Laufdistanz hat solch einen regionalen Bezug wie der Marathon zu Griechenland. Einst soll ein gewisser Pheidippides seine Botschaft um die Schlacht von Marathon zu Fuß übermittelt haben. Wie viel Kilometer er dabei genau gelaufen ist, ist strittig. Unstrittig ist dagegen, dass ein Marathon heutzutage 42,195 km lang ist, was wir wiederum bekanntermaßen den Briten und weniger den Griechen zu verdanken haben.
Mit einem Jahr Verzögerung nach Griechenland
Der bevorstehende Wettkampf in Thessaloniki fällt wie schon der Münster Marathon sowie mein Lauf vor zwei Wochen in Barcelona unter die Nachzügler-Kategorie. Bereits 2020 hatte ich geplant, nach Griechenland zu reisen. Doch wie schon der Athen Marathon fiel auch der Lauf in Thessaloniki im letzten Jahr kurzfristig dem Coronavirus zu Opfer.
Ein Jahr später ist die Lage ähnlich und dennoch anders. Im November 2020 befanden wir uns am Anfang der sogenannten zweiten Welle. Der 7-Tage-Mittelwert war mit etwas mehr als 20.000 fast schon gering, wenn man die Entwicklungen der vierten Welle ein Jahr später betrachtet. Ähnliches gilt für Griechenland, die vor einem Jahr nicht etwa die Einreise verboten, sondern alle Marathonveranstaltungen absagten. Auch dort kam es ab Oktober 2020 zu einem Anstieg der Infizierten. Und auch dort wird aktuell die vierte Welle mit gut dreimal so hohen Werten durchgestanden.

Der große Unterschied? Inzwischen hat jeder ein Impfangebot erhalten. Und so ist das Reisen im Jahr 2021 auch in Griechenland damit verbunden, dass man sich zuvor auf einer Website registriert und Auskünfte über seine Reise und seinen Impfstatus angibt. Ich selbst ging sogar auf Nummer sicher. Neben der doppelten Impfung machte ich gut 12 Stunden vor meiner Abreise noch einmal einen offiziellen Corona-Schnelltest, um von meiner Seite alle Vorsichtsmaßnahmen getroffen zu haben.
Es mag ein wenig fragwürdig wirken, ob man mitten in der vierten Welle tatsächlich in ein anderes Land zum Laufen eines Marathons reisen müsse. Doch zum einen war die Lage vor wenigen Wochen nicht vorhersehbar. Dies verdeutlicht sich nicht zuletzt an den fast täglich veränderten politischen Entscheidungen. Zum anderen habe ich beim Einkauf im Supermarkt oder bei der Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln vermutlich mehr anonyme Kontakt zu einer unnachvollziehbaren Menge an Mitmenschen, deren Gesundheitsstatus nicht bekannt ist. Wer nach Griechenland will, muss dagegen geimpft, genesen oder mindestens frisch getestet sein. Gleiches gilt für die Teilnehmer am Alexander der Große Marathon.
Thessaloniki: Der Alexander der Große Marathon
Der Alexander der Große Marathon ist nicht wie die meisten Marathons, was man schon am Namen erkennt. Werden andere Läufe in der Regel nach dem Austragungs- bzw. Zielort benannt, trägt das griechische Rennen den Namen eines makedonischen Königs. Während das Ziel in Thessaloniki auf die Teilnehmer wartet, findet der Start in Pella statt. Dabei handelte es sich um den Geburtsort von Alexander dem Großen. Es handelt sich somit um ein Punkt-zu-Punkt-Rennen, wie beispielsweise auch beim New York Marathon, und nicht um einen Rundkurs.
Warum die Veranstalter sich für diese Form des Marathons entschieden, ist auf der offiziellen Website nicht abschließend geklärt. In einem Beitrag aus 2014 schreiben die Verantwortlichen jedoch davon, dass der Marathon als „The Marathon of History“ weltweit etabliert werden solle. Damit sei nicht nur die Bedeutung von Thessaloniki und Makedonien als Ursprung weitreichender Geschichte und Kultur gemeint, sondern auch das Anbieten einer „historic route“, wie es auf dem Webauftritt heißt.
Thessaloniki selbst ist die zweitgrößte Stadt Griechenlands und Hauptstadt der heutigen Verwaltungsregion Makedonien. Die Griechen solle die Stadt daher auch als „Mithauptstadt“ wahrnehmen, was ähnlich dem Verhältnis von Amsterdam und Rotterdam in den Niederlanden sei. Ob der Marathon all dem gerecht wird, muss sich zeigen.
Erste Eindrücke von Thessaloniki
Vom Flughafen aus ging es mit dem Taxi in Richtung Hotel. Während man zunächst durch nur spärlich bebaute Landschaften fuhr, erreichten wir schnell den Rand der Stadt. Von dort aus ging es durch enge Straßen und mein erster Gedanke war: Die Stadt ist ganz schön abgerockt! Ich fühlte mich schon ein wenig an meine Anreise zum Neu Delhi Marathon erinnert, bei dem mein Hotel im nicht unbedingt besten Teil der Stadt lag. Hatte ich den Fehler erneut begangen?
Seit den Eindrücken aus Indien, die mich noch am nächsten Tag dazu brachten, das Hotel zu wechseln, ist der Preis nicht mehr die erste Kategorie, nach der ich meine Unterkunft wähle. Wie sich herausstellen sollte, lag mein Hotel in Saloniki, wie die Stadt auch genannt wird, in einem Stadtteil, der zumindest die besten Jahre bereits hinter sich hatte. Von hier sollten die Abholung der Startnummer sowie der Transfer zum Start am nächsten Morgen jedoch nur jeweils 30 Minuten entfernt liegen. Insgesamt also würde ich Touristen meine Wahl somit nicht empfehlen. Für meine Bedürfnisse erfüllte sie jedoch den Zweck.
Startnummernabholung und der zweite Eindruck
Ich legte meine Sachen ab und begab mich zur Marathonmesse. Aufgrund der Coronamaßnahmen erfolgte die Abholung der Startnummern bereits ab Montag. Der Samstag war lediglich den Startern von außerhalb vorbehalten. Auf dem Weg zu den Hallen zeigte Thessaloniki sich von der besseren Seite. War der erste Eindruck noch eher ernüchtern, waren die Gebäude nun hübscher und der Zahn der Zeit hatte weniger seine Spuren hinterlassen.








Dies galt jedoch nicht für alle Bauten. Immer wieder befanden sich mitten zwischen Wohnhäusern Kirchenbauten, Ruinen und andere Zeugen vergangener Zeiten. Ich kann mich nicht erinnern so etwas schon einmal in ähnlicher Form derart häufig in einer Stadt gesehen zu haben. Anders verhielt es sich dagegen mit der Marathonmesse. Diese bot, wie schon zuletzt bei anderen Veranstaltungen, einen eher kargen Anblick. Kaum Aussteller, wenige Läufer und alles andere als Marathonvorfreude, wofür letztendlich aber die Veranstalter bekanntermaßen nichts können.



Auf dem Weg zur Halle konnte ich in einer Seitenstraße bereits die Ägäis sehen. So schlug ich auf dem Rückweg zielstrebig die Route zum Wasser ein. Ich befand mich nun endgültig in einem Teil der Stadt, der den Touristen gewidmet war und Thessaloniki von seiner sehenswerten Seite präsentierte. Lange hielt ich mich dort jedoch nicht auf. Am nächsten Morgen sollte der Wecker bereits kurz vor fünf Uhr klingeln, um den Transport nach Pella rechtzeitig anzutreten. Ich war gespannt, was der Alexander der Große Marathon bieten würde.





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