Luft holen vor dem New York Marathon 2018

Elite-Sprinter haben es gut. Theoretisch müssten sie für die Zeit, in der sie die 100 Meter absolvieren, nur einmal am Anfang Luft holen und hätten ausreichend Sauerstoff zur Verfügung, um ihre Leistung bis ins Ziel abzurufen. Wer dagegen einen Marathon läuft, muss mehr als nur einmal Luft holen. Auf der anderen Seite ist das Erlebnis 100-Meter-Lauf auch verdammt kurz und mehr als die Tartanbahn eines Stadions wird man nicht zu sehen bekommen. Aus der Perspektive betrachtet, ist ein Marathon dann wohl tatsächlich lohnenswerter.

Dennoch wollte auch ich einen Tag vor dem New York Marathon etwas Luft holen. Nachdem die ersten drei Tage voller Eindrücke gewesen waren und ich in dieser Woche so viele Schritte gelaufen sein war, wie wohl noch nie im Leben, kehrte am Tag vor dem großen Event etwas Ruhe ein. Dennoch klingelte der Wecker erneut recht früh, doch während am Vortag noch fast subtropisches Klima auf mich wartete, empfing mich am Samstag vor dem Lauf nasser, kalter New Yorker Regenwind.

Über den Wolken von New York

Ich machte mich zu Fuß auf den Weg in Richtung des One World Trade Centers, um nicht nur Höhenluft zu schnuppern, sondern den angeblich einmaligen Blick auf New York selbst erleben zu können. Wie schon bei der Marathon-Messe versuchte ich möglichst früh zum Einlass zu gehen, was hervorragend klappte. Während an den Vortagen nachmittags immer eine lange Schlange am Eingang stand, konnte ich, obwohl es Samstag war, kurz vor 10 Uhr ohne Verzögerung zu den Aufzügen.

Ich hatte dann auch meinen eigenen Fahrstuhl für die 102 Stockwerke in weniger als einer Minute. Obwohl man nicht nach draußen blicken konnte, war das Gefühl komisch bzw. der Druckunterschied auf den Ohren deutlich zu spüren. Vergleichbar mit dem Start eines Flugzeuges und mit einem Blick von mehr als 400 Metern über dem Boden erreichte man auch schwindelerregende Höhen.

Der Ausblick auf New York war beeindruckend, fast schon wie auf ein belebtes Modell, aber nach nicht einmal einer halben Stunde trat ich auch wieder die Fahrt nach unten an. Den Atem hatte es mir im wortwörtlichen Sinn zum Glück nicht geraubt. Wohin also jetzt? Bisher war ich alle Wege in New York zu Fuß gegangen und obwohl das Museum of Modern Arts am Tag zuvor eine kleine Enttäuschung war, wollte ich noch in das Museum of Natural History, in dem bekanntermaßen unter anderem Dinosaurierknochen ausgestellt werden. Und Dinosaurier mag bekanntlich jeder.

Von über den Wolken runter unter die Erde

Also fuhr ich das erste Mal mit der New Yorker U-Bahn, die sich als nicht mal halb so zwielichtig herausstellte, wie man in Medien manchmal den Eindruck hat. Auf der anderen Seite waren aber auch an keiner der Stationen, an denen ich durchfuhr, Straßenkünstler zu sehen, wie man sie aus so manchem Youtube-Video kennt. Das nicht alles immer so ist, wie man es von den USA oder New York in seiner eigenen Vorstellung erwartet hätte, hatte ich die letzten Tage ja bereits einige Male gelernt.

Im Museum war ein Teil der Dinosaurier-Ausstellung bei meinem Eintreffen wegen Umbauarbeiten gesperrt. Man konnte sich zwar das ein oder andere Fossil anschauen, allerdings war vom berühmten T-Rex nur der Schädel zu bestaunen. Wie es sich für eine VIP gehört, war dieses Ausstellungsstück auch das einzige, das einen extra zugeteilten Aufpasser neben sich stehen hatte. Ansonsten war das Museum weniger spektakulär, als die Warteschlangen im Eingangsbereich es hätten vermuten lassen können. Zumindest müssen sich gut ausgestattete deutsche Vertreter nicht verstecken.

Zurück zum Hotel ging es dann wieder an der frischen Luft und ich nutzte die Möglichkeit dazu, in ein paar weitere Supermärkte, die auf dem Weg lagen, zu gehen. Generell hatte ich im Vorfeld ein wenig die Vorstellung in den USA die sonderbarsten Sachen kaufen zu können. Unterm Strich hat die Globalisierung hier wohl die letzten Jahre einiges aufgeholt: Ich würde sagen, dass ich in einem türkischen Supermarkt in Deutschland mehr außergewöhnliche und mir unbekannte Produkte erhalte, als in den meisten Läden in Manhattan.

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Auch wenn die Auswahl stark variiertem so war auch dies eine überraschende Feststellung für mich. Natürlich gibt es Dinge wie kalorienarmes Eis in verschiedensten Varianten, was in Deutschland in der Form noch nicht angekommen ist. Auf der anderen Seite fehlen hier aber auch Produkte, die in der Heimat völlig normal sind. So gesehen werden die ersten Marathons im Jahr 2019 wohl deutlich mehr exotische Eindrücke bringen.

Der Aufenthalt in New York war rückblickend also keine zu große Luftveränderung. Natürlich ist die Stadt ein Erlebnis. Allerdings lebt dieses – bei nüchterner Betrachtungsweise – vermutlich auch stark von seinem Mythos. Die Wahrheit, inwiefern New York ein einzigartiger Aufenthalt sein kann, den man in seinem Leben gemacht haben muss, wird wohl irgendwo zwischen den Vorstellungen in den Köpfen der Menschen und den weißgestreiften Bildern im Museum of Modern Arts liegen.

Das trübt jedoch nicht meine Vorfreude auf den morgigen Lauf. Die Freude, nach einigen Tage New York wieder nach Hause zu kommen, ist aber ebenso groß. Noch ein paar Mal Luft holen und es ist soweit.

Frank

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