Der Begriff Training beschreibt gemäß Definition die strukturierte Durchführung eines Programms mit dem Ziel einer Leistungsverbesserung. Auch wenn diese Begriffsbestimmung für verschiedene Lebensbereiche angewandt werden kann, werden die meisten Menschen den Begriff Training gedanklich mit einer sportlichen Aktivität in Verbindung bringen. Während in einer Mannschaftssportart der Trainer für die Planung und Strukturierung der Trainingseinheiten verantwortlich ist, sind Läufer oder Kraftsportler in der Regel auf sich allein gestellt. Die Lösung stellt häufig ein Trainingsplan dar, auf den Läufer und andere Individualsportler zurückgreifen. Die pauschale Aneinanderreihung von Trainingseinheiten bringt jedoch eine Reihe an Nachteilen mit sich.
Was ist ein Trainingsplan? – Eine Antwort auf das vermeintlich Offensichtliche
Das Erstellung von Trainingsplänen für Läufer wurde insbesondere in der Vergangenheit als eine Art Kunst verstanden. Über diese Sichtweise mag man in der heutigen Wissens- und Informationsgesellschaft streiten können. Dennoch weist sie in gewisser Weise auf eine damals wie heute bestehende Herausforderung hin. Wenn ein Trainingsplan dazu dient, eine Leistung zu verbessern, muss dieser möglichst viele Faktoren berücksichtigen, die sich auf das Endergebnis auswirken.
Neben direkten Einflüssen, wie dem Training selbst und dessen Dokumentation, existieren eine Reihe an indirekten Einflüssen, die bei der Erstellung eines Trainingsplans berücksichtigt werden sollten. Jeder Läufer kann die geforderten Einheiten nur im Rahmen bestimmter Bedingungen umsetzen, die oftmals gar nicht oder nur mit immensen Aufwand beeinflusst werden könnten. Hinzu kommt die individuelle Lebensgestaltung, die in einem Trainingsplan über 10, 12 oder mehr Wochen nicht ohne Konsequenzen bleiben wird.

Ein guter Trainingsplan sollte einem Läufer damit nicht nur Vorgaben bezüglich der Einheiten machen, sondern die Person als Individuum begreifen und berücksichtigen. Nur auf diese Weise kann das strukturierte Befolgen von Trainingsvorgaben tatsächlich die optimalen Ergebnisse erzielen.
Warum bezahlen Läufer für einen Trainingsplan?
Die beispielhafte Grafik verdeutlicht bereits auf einen Blick, dass die Bedingungen für einen Trainingsplan komplex sind. Diese Komplexität realisiert sich auf verschiedenen Ebenen.
Auf der sozialen Ebene führt das Verfolgen eines Trainingsplans für Läufer wie für andere Sportler dazu, dass das eigene Handeln Einfluss auf die Mitmenschen hat. Sei es das gemeinsame Verabreden zu einer Trainingseinheit, das Fernbleiben von zu Hause oder schlichtweg die Beanspruchung existierender Trainingsmöglichkeiten. Während der Waldweg noch für eine Vielzahl an Läufern Platz bietet, können Geräte im Fitnessstudio in der Regel nur von einer Person gleichzeitig genutzt werden.
Mögen die meisten Sportler die Vereinbarkeit von Training und Alltag noch für sich selbst und ohne Beratung eines Trainers lösen, stellt die progressive Trainingsplanung den Hauptpunkt dar, warum Läufer einen Trainingsplan befolgen. Wer noch nie an einem Marathon teilgenommen hat oder auf einem Leistungsplateau angelangt war, wird eine gewisse Unsicherheit für das weitere Vorgehen verspüren.
Erwartungshaltungen an einen Trainingsplan
Ein Trainingsplan soll nicht nur Unsicherheiten reduzieren. Die Erwartung ist meist vielmehr, dass das Konzept wie auf Schienen zum optimalen Ergebnis führt.
Diese Erwartungshaltung mag unangemessen sein, was bei genauer Überlegung den meisten Personen auch bewusst sein wird. Doch diese Zeit werden die Wenigsten auch tatsächlich investieren. Schließlich ist genau dies der Hauptgrund, weshalb Läufer Geld für einen Trainingsplan in die Hand nehmen. Man möchte Zeit sparen.
Diese Motivation ist legitim und streng genommen sogar konsequent. Der Transfer von Geld stellt das Erwerben von über die Zeit erlangte Erfahrungen des Gegenübers dar. Auf diese Weise kürzt man das Sammeln eigener Eindrücke nicht ab. Die Unsicherheit bei der Gestaltung der sportlichen Zukunft wird jedoch reduziert, so dass auf diese Weise ohne weitere Verzögerung eine Entscheidung getroffen wird. Die Frage ist jedoch, ob es sich auch um die beste Wahl handelt.
Viele Laufpläne sind mangelhaft
Wer im Internet nach dem Begriffspaar „Trainingsplan Marathon“ sucht, erhält hunderttausende Ergebnisse vorgeschlagen. Unter diesen buhlen unzählige kostenlose und kostenpflichtige Angebote um die Aufmerksamkeit der Nutzer. Nach Zielzeiten sortiert, versprechen die einzelnen Konzepte, das gewünschte Ziel in der Regel nach 12 bzw. 16 Wochen zu erreichen.
Es mag keine Beschleunigung von Null auf 100 sein. Doch wenn man bedenkt, dass der passive Bewegungsapparat deutlich länger als die Muskulatur benötigt, um sich anzupassen, erscheint es fast schon fahrlässig, den Körper innerhalb dieses kurzen Zeitfensters bis zur Marathonstrecke zu pushen.
Ohne Frage enthalten die meisten Pläne mehr oder minder ausführliche Hinweise darauf, welche Vorrausetzungen erfüllt sein sollten, oder dass letztendlich eine Eigenverantwortung bei der Umsetzung des Trainingsplans beim Läufer bleibt. Doch Diskussionen über die gesundheitlichen Aspekte eines Marathons werden nur selten vor dem Hintergrund geführt, dass viele Hobbysportler nur am kurzfristigen Abharken eines Punktes auf ihrer Bucket List interessiert sind.
Was den meisten Trainingsplänen fehlt
Passend dazu sehen viele Laufpläne lediglich das Absolvieren von Ausdauereinheiten vor. Ergänzendes Krafttraining wird in der Regel gar nicht thematisiert. Beim Großteil der durchaus existierenden Ausnahmen erfolgt ein zwangloser Hinweis auf die Durchführung, ohne dass das ergänzende Training auf den Trainingsplan oder gar den Läufer angepasst wäre.
Dieser Punkt ist insbesondere deshalb hervorzuheben, da gerade diese ergänzende Form der Bewegung eine wichtige Säule für die Verletzungsprävention darstellt. Der Großteil der vorgefertigten Trainingspläne weist damit bereits im Kernbereich, den Trainingseinheiten selbst, Mängel auf. Indirekte Trainingsfaktoren bleiben in der Regel sogar gänzlich unbeachtet.
Albert Einstein soll sinngemäß formuliert haben, dass man die Dinge so einfach wie möglich gestalten solle, aber nicht einfacher. Ein Trainingsplan stellt immer eine Komplexitätsreduktion dar. Insbesondere pauschal erstellte Konzepte können nicht alle Besonderheiten der Anwender berücksichtigen. Die Kunst ist es jedoch, das richtige Maß zu finden. Es geht nicht darum, Komplexität durch simples Auslassen zu reduzieren, sondern mittels geschickter Didaktik den Blicks aufs Wesentlich zu lenken. Das gelingt nicht, indem man hunderttausend-und-einen Plan entwirft, der dieselbe Struktur wie die schon existierenden Angebote aufweist.

Training macht nicht immer Spaß
Wie so häufig im Leben gilt auch hier das Prinzip der Eigenverantwortung. Wer Laufen als Ausgleich zu seinem Alltag nutzt oder schlichtweg nur einmal die Woche etwas für seine Kondition tun will, beschäftigt sich vielmehr, als dass trainiert wird. – Was wie ein Vorwurf klingen mag, soll keinesfalls als so einer verstanden werden. Wir alle benötigen Zerstreuung, die auf die in oder andere Weise erlangt werden kann. Wer diese im Laufen findet, sollte sich dies nicht nehmen lassen.
Training ist jedoch eng mit einem Leistungsgedanken verbunden. Das bedeutet nicht, dass man sein gesamtes Leben dem Laufen unterordnen muss, um tatsächlich zu trainieren. So ein Handeln würde bei den allermeisten Läufern vielmehr eine ungesunde Verbissenheit als produktiven Ehrgeiz verdeutlichen. Aber dennoch lässt Training sich nicht von einer gewissen Bereitschaft, an die eigenen Grenzen zu gehen, trennen.
Der erfolgreiche deutsche Marathonläufer Philipp Pflieger sagte einmal sinngemäß, dass Laufen erst nach der Trainingseinheit Spaß machen würde. Ganz so schlimm muss das eigene Verhältnis zum Training nicht sein, aber die Botschaft geht in die richtige Richtung.
Nur ein Viertel aller Menschen hält einen mehrwöchigen Trainingsplan durch
Aus der jahrelangen Erfahrung mit tausenden Menschen in Gruppen- und Einzelcoachings weiß ich, dass gut ein Viertel aller Menschen, die einen festen Trainingsplan beginnen, diesen nach vier Wochen bereits wieder beendet haben. Zwei weitere Viertel gehen irgendwann unterwegs verloren. Am Ende gelingt es gut einem Viertel aller Menschen, die voller Motivation einen 12-, 16- oder 20-wöchigen Trainingsplan beginnen, diesen auch tatsächlich bis zum Ende umzusetzen.
Die Gründe mögen zum einen an der Einstellung zum Training liegen. Zum anderen spielt aber schlichtweg auch die Tatsache eine Rolle, dass die allermeisten pauschalen Trainingspläne die meisten oben aufgeführten indirekten Einflüsse unberücksichtigt lassen und auch die direkten Einflüsse nur in begrenztem Umfang berücksichtigen.
Wie geht es besser?
Wie ein Trainingsplan für Läufer aussehen sollte, kann sich jedermann mit Hilfe der Grafik zumindest in groben Zügen erschließen. Detaildiskussionen sind wenig sinnvoll, solange diese Grundlagen unberücksichtigt bleiben. Dies führt jedoch wieder zum bereits genannten Problem des Zeitmangels bzw. dem Ziel des Zeitsparens.
Nicht jeder Läufer möchte sich für seinen Trainingsplan durch Literatur wälzen, Erfahrungsberichte reflektieren und selbst erst einmal auf eine eigenverantwortliche Reise gehen. Das ist nicht nur legitim, sondern auf unser gesamtes Leben bezogen sogar notwendig. Wir alle müssen regelmäßig Verantwortung abgeben und nehmen die Zeit anderer Menschen in Anspruch.
Doch da Zeit kostbar ist und auch unser Gegenüber diese nicht zu verschenken hat, sollte einem immer bewusst sein, dass das Zurverfügungstellen von Wissen und Erfahrung stets auch einen Nutzen für die jeweilige Person haben muss. Wer als Läufer nicht bereit ist, angemessenes Geld für einen Trainingsplan in die Hand zu nehmen, sollte bereit sein, die eigene Zeit zu investieren.
Beim Budget sollte über die eigenen Ansprüche nachgedacht werden. Wer lediglich fünf, zehn oder 20 Euro ausgeben kann oder will, investiert den Betrag besser in entsprechende (Lauf-)Bücher, als einen vorgefertigten Trainingsplan. Strukturierte Vorgaben findet man in der Regel schließlich auch in einer Vielzahl in der entsprechenden Literatur.
Was man als Läufer mitnehmen sollte
Kostenlose oder sehr günstige vorgefertigte Trainingspläne, die man im Internet erhalten kann, sind nicht per se schlecht. Sie berücksichtigen jedoch in der Regel nur einen sehr geringen Teil der Faktoren, die für einen mittel- und langfristig gesunden und erfolgreichen Sportler relevant sind. Dies liegt nicht daran, dass entsprechende Anbieter ihre Kunden betrügen wollten. Alles im Leben hat schlichtweg seinen Preis.
Wer Geld für einen Trainingsplan ausgibt, kauft sich insbesondere die Erfahrung und das Wissen des Gegenübers ein. Die kostengünstige Alternative liegt darin, diesen langen Weg selbst zu bestreiten. Beide Strategien führen zum Ziel. Letztendlich hat aber alles im Leben seinen Preis.
Titelbild: Shutterstock
Hallo Zusammen,
aber sollte ein Trainingsplan nicht auch als Richtlinie dienen, also als praktische Hilfe oder als „Roter Faden“ an dem ich mich durch mein Training hangeln kann!?
Beste Grüße
Olli
Wieso „aber“? Dieses Fundament wird doch gar nicht in Frage gestellt?
Hi,
interessanter Artikel, Danke dafür!
Gibt es nach der TA-Abschaltung ein Forum in dem du aktiv sein wirst? Hab auf TA gerne an deinen Aktionen teilgenommen oder dein Log gelesen und dich ein bisschen „verfolgt“. Bin leider nicht so ein Podcast-Mensch, sonst wäre das natürlich auch eine Option.
Wünsche dir alles Gute
Markus